Läuft Putin die Zeit davon? Selenskyj sagt Sturz voraus
Frankfurter Rundschau
Die ukrainische Gegenoffensive dürfte in Kürze anlaufen. Präsident Selenskyj prophezeit schon das Ende des Putin-Regimes.
Kiew – Wolodymyr Selenskyj hat sich im Ukraine-Krieg von Beginn an als Staatschef der klaren Aussagen inszeniert. Jeden Abend richtet sich der 45-Jährige in einer Videoansprache an die ukrainische Bevölkerung - teils auch an die Invasoren aus Russland. Am Sonntagabend (28. Mai) prophezeite Selenskyj dabei ein böses Ende für den Moskauer Machtzirkel um Wladimir Putin.
„Kiew und alle unsere Städte, unsere gesamte Ukraine werden den Schlusspunkt unter die Geschichte des Moskauer Despotismus setzen, der viele verschiedene Völker über sehr lange Zeit hinweg versklavt hat“, sagte der ukrainische Präsident in seiner Rede. Seine Botschaft überbrachte Selenskyj dabei aus den nächtlichen Straßen der ukrainischen Hauptstadt, nicht wie gewohnt aus seinem Büro. Der Staatschef lobte die Luftverteidigung von Kiew für ihre gute Arbeit in den vergangenen Tagen. Dieser sei es gelungen, einen der größten russischen Drohnenangriffe seit Kriegsbeginn fast völlig abzuwehren.
Die Angriffe bezeichnete Selenskyj als verzweifelten Versuch der russischen Führung, die Moral der Ukrainer zu brechen. Doch seinen Worten nach können Waffen wie die Shahed-Drohnen Russlands Machthaber nicht retten. Weil es das Leben und die Kultur verachte, könne Russland den Krieg nur verlieren, prognostizierte er.
Einen ersten Schritt in Richtung Sturz des russischen Regimes könnte Kiew mit der seit Wochen erwarteten Gegenoffensive in der Ostukraine unternehmen. Diese könne „morgen, übermorgen oder in einer Woche beginnen“, sagte der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, der britischen BBC. Mychajlo Podoljak, Berater des ukrainischen Präsidenten, bestätigte dem Guardian, dass vorbereitende Operationen bereits angelaufen sind.
Trotz der drohenden Gegenoffensive hält Putin aktuell die Füße still. „Eigentlich hätte der Kreml längst eine neue Mobilisierungswelle ankündigen müssen“, sagte der im Exil lebende Oppositionspolitiker Wladimir Milow bereits vor gut anderthalb Wochen bei einem vom Thinktank „Atlantic Council“ veranstalteten Panel. Doch der Kreml habe zu viel Respekt vor den innenpolitischen Folgen der Maßnahmen. Stattdessen spiele der russische Autokrat nun auf Zeit.