Eucharius ist Richter und Mönch
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Eucharius Wingenfeld ist Richter am Amtsgericht und zeitgleich Mönch bei den Benediktinern. Was für andere exotisch klingen mag, ist für ihn ganz normal. Seinen weltlichen Beruf versteht er als "Versöhnungsarbeit".
Er ist der einzige Richter in Deutschland, der in einer Zelle wohnt. In einer klösterlichen Zelle. Sein privater Schlaf- und Wohnraum liegt hinter den Mauern im Kloster St. Matthias in Trier. Denn Eucharius Wingenfeld ist Mönch. Gegen 5 Uhr morgens steht er auf, betet erst alleine, dann mit zehn Mitbrüdern im Morgengottesdienst. Frühstück im Stehen, ein Blick in die Zeitung, ein Gang zur Klosterverwaltung. Dann zieht er den Mönchs-Habit aus und fährt in Zivil mit dem Bus der Linie 3 ins Amtsgericht.
"Ich bin leidenschaftlich gern Richter", sagt Wingenfeld. Seit fast 35 Jahren ist er das schon. Und zwar Zivilrichter. "Ich habe früh Freude am Zivilrecht gefunden." Einen Mönch als Strafrichter hätten sich manche seiner Vorgesetzten damals auch schlecht vorstellen können. In Zivilsachen gehe es um Konflikte - und so "christlich gesagt, um Versöhnung", sagt er. "So habe ich meinen Dienst als Richter immer verstanden: Versöhnungsarbeit."
In Verhandlungen im Saal 56 tobt vor dem 65-Jährigen, dann in schwarzer Robe, das pralle Leben: Streit um Autokauf und -reparatur, Streit um Wohnung, Mieten und Wohnungsräumung, Streit mit dem Nachbarn. Oft sei gerade beim Nachbarstreit und beim Erbstreit - er ist auch Nachlassrichter - "der Streitgegenstand im Rechtssinne nicht identisch mit dem tatsächlichen Konfliktstoff". Es gebe zwei Ebenen: eine Beziehungsebene und eine sachliche Ebene, meint er.