Deutscher Filmpreis: Lola im Schatten
Frankfurter Rundschau
Am heutigen Freitag wird der höchstdotierte deutsche Staatspreis verliehen. Doch die Preisvergabe durch die Deutsche Filmakademie steht in der Kritik.
Die soziale Ungleichheit – bei Filmdreharbeiten lässt sie sich besonders gut beobachten. Den einen, die ihren Namen meist „above the line“ lesen können, also im Vorspann, mieten die Filmgesellschaften Nobelhotels. Die anderen, die Setdresser, die Mitarbeiter der Baubühne oder die enorm geforderten Mitarbeiter der verschiedenen Gewerke können oft selbst sehen, wo sie bleiben. Ganz zu schweigen von den Kleindarstellern und Statisten, den modernen Tagelöhnern. Die Til-Schweiger-Debatte hat in den letzten Wochen auch arbeitsrechtliche Missstände zum Thema gemacht: Das meist selbstständige Film-Prekariat ist davon besonders betroffen.
Am Freitagabend werden am Berliner Potsdamer Platz wieder einmal die deutschen Filmpreise vergeben, finanziert aus Steuermitteln in Verantwortung der Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Ausgewählt werden die Preisträger allerdings von einem privaten Verein, der Deutschen Filmakademie. Gewiss werden auch die Arbeitsbedingungen bei der Gala ein Thema sein. Doch wer hier Mitglied ist, braucht sich bei Dreharbeiten um seinen Schlafplatz in aller Regel nicht zu sorgen. Die Sektionen entsprechen den traditionellen Berufsgruppen wie sie auch im Vorspann stehen. Die größte Gruppe unter den rund 2200 Mitgliedern stellen die Schauspieler und Schauspielerinnen. Nicht aufgenommen werden zum Beispiel Experimentalfilmer, Dramaturginnen, Kuratoren und Restauratorinnen, Filmlehrende in Wissenschaft und Publizistik, Verleiher, Archivare, Festivalmacherinnen und Kinobetreiber.
Für ihren Mitbegründer Bernd Eichinger war es entscheidend, dass nicht mehr Expertengremien über den höchstdotierten deutschen Kulturpreis entschieden, sondern die Macherinnen und Macher selbst, also die potentielle Ausgezeichneten.
Seit 2005 steht die Filmakademie deshalb auch in der Kritik. Denn das Prinzip der Abstimmung aller Mitglieder begünstigt dabei naturgemäß die Filme, die die meisten kennen. Oft werden sie gleich in mehreren Kategorien ausgezeichnet, Spitzenleistungen in kleinen Filmen fallen leicht unter den Radar. Mit gleich 12 Nominierungen geht der vierfache Oscar-Gewinner „Im Westen nichts Neues“ – eine Netflix-Produktion, die ohne deutsche Filmförderung ausgekommen ist. Allerdings ist der Triumph nicht ausgemacht.
In einem überdurchschnittlichen Kinojahr mangelt es nicht an Alternativen, auch unter den Publikumserfolgen finden sich herausragende künstlerische Leistungen: „Sonne und Beton“ hat deshalb vielleicht sogar größere Chancen auf den Hauptreis, vielleicht auch „Das Lehrerzimmer“ und „Holy Spider“.