Als Jan Ullrich "epochal" ins Gelbe Trikot flog
n-tv
Vor genau 25 Jahren fliegt Jan Ullrich hinauf nach Andorra Arcalis und hinein ins Gelbe Trikot der Tour. Das "Jahrhunderttalent" des Radsports zerlegt die Favoritengruppe und es beginnt eine faszinierende Geschichte von strahlendem Ruhm und finsteren Tälern.
Der größte Sieg in der noch jungen Karriere scheint Jan Ullrich fast ein bisschen zu überfordern. Artig empfängt der junge Mann aus Rostock an diesem 15. Juli 1997 die obligatorischen Küsse für den Sieger, schlüpft erstmals ins Gelbe Trikot der Tour und blickt schüchtern vom Podest herab. Nur Minuten zuvor ist das rothaarige Wunderkind mit den Sommersprossen und der goldenen Creole im linken Ohrläppchen alles andere als schüchtern den Anstieg nach Andorra Arcalis hinaufgeflogen und hat die Radsport-Welt endgültig auf den Kopf gestellt.
"Epochal", "von einem anderen Stern", "Jahrhunderttalent", "Le Patron" - die sonst eher nüchternen Radsport-Kommentatoren der 90er-Jahre, sie überbieten sich an diesem Sommertag mit Superlativen. Ullrichs Triumphzug ins Gelbe Trikot, mit dem er den Grundstein für seinen späteren Toursieg legt, lässt niemanden kalt. "Es war einfach mega beeindruckend, was er da gemacht hat", sagt sein damaliger Teamkollege Rolf Aldag der ARD im Rückblick: "Man sieht es im Fernsehen, im Bewusstsein der eigenen Schmerzen, dass der da mit dem großen Kettenblatt losgefahren ist."
Auf dem großen Kettenblatt setzt Ullrich eine Attacke, die die Favoritengruppe in ihre Einzelteile zerlegt. Ein Jahr nachdem ihn die Stallorder im Team Telekom und Kapitän Bjarne Riis noch ausgebremst hatten, fährt Ullrich die Konkurrenz in Grund und Boden. Zwölf Tage später krönt er sich in Paris zum Tour-Sieger - als erster und bislang einziger deutscher Radrennfahrer.