
Wahlen in Israel: Netanjahu in Umfragen knapp vorn
Frankfurter Rundschau
Israel wählt ein neues Parlament - zum fünften Mal seit April 2019. Ein klarer Sieger ist laut aktuellen Umfragen nicht in Sicht.
Jerusalem – Am 1. November wird in Israel zum fünften Mal in weniger als vier Jahren ein neues Parlament gewählt. Einen eindeutigen Gewinner dürfte es auch diesmal voraussichtlich nicht geben. Die jüngste Umfrage vom vergangenen Montag (24. Oktober) sieht das Lager um Oppositionsführer Benjamin Netanjahu mit 60 Sitzen vorne. Für die benötigte Mehrheit würde demnach jedoch eine Stimme fehlen. Die Parteien der Übergangsregierung erzielen gemeinsam 56 Sitze. Der Wahlkampf verläuft derweil ereignislos wie selten. Dabei dürfte der Ausgang entscheidende Auswirkungen für die Zukunft des Landes haben.
„Alles, nur nicht Bibi“ – solche Parolen von Demonstranten vor der Jerusalemer Residenz des Ministerpräsidenten blieben im aktuellen Wahlkampf aus. Ein Jahr lang hatte die Ablehnung des früheren Regierungschefs und gegenwärtigen Oppositionsführers Netanjahu als Kitt für die komplexe Acht-Parteien-Koalition unter Beteiligung einer arabischen Partei gehalten. Ende Juni dann kam das Aus. Die Knesset löste sich auf, rund 6,78 Millionen Israelis müssen einmal mehr an die Wahlurne. Nicht rechts und links sind dabei entscheidende Kategorien. Es ist erneut die Frage: Bibi – ja oder nein?
Die stärksten Parteien nach derzeitigem Stand sind Netanjahus Likud (31 Sitze) und Jesch Atid (24), die Partei des Übergangsministerpräsidenten Jair Lapid. Die extreme rechtsreligiöse Union aus Otzma Jehudit, Religiösen Zionisten und der homophoben Noam würde mit 13 Sitzen drittstärkste Kraft. Die arabische Balad und das nationalreligiöse Jüdische Heim von Innenministerin Ajelet Schaked werden wohl deutlich an der 3,25-Prozent-Hürde scheitern.
Lag die Wahlbeteiligung die vergangenen vier Male zwischen 67 und 71 Prozent, fürchten Beobachter, dass viele Israelis diesmal ihre Unzufriedenheit mit der politischen Instabilität durch Fernbleiben bei der Abstimmung ausdrücken könnten. Besonders die Teilnahme arabischer Wahlberechtigter könnte laut Umfragen auf ein Rekordtief von unter 40 Prozent sinken.
Angesichts einer zu erwartenden Pattsituation dürften allerdings auch potenzielle Wahlverlierer erheblichen Einfluss auf das Ergebnis haben. Mit 4 bis 5 Sitzen bewegen sich gleich mehrere Parteien aus dem Anti-Netanjahu-Lager am Rande der Prozenthürde. Fallen Meretz, die Arbeiterpartei, der verbliebene Rest der Vereinten Arabischen Liste aus der kommunistischen Chadasch und der nationalistischen Ta‘al oder die Noch-Regierungspartei Ra‘am unter 3,25 Prozent, steigen Netanjahus Chancen auf das Recht zur Regierungsbildung.













