Todestag Amy Winehouse: entsetzliche Momente des entblößten Untergangs
Frankfurter Rundschau
Geschichte eines vermeidbaren Todes: 2011 starb Amy Winehouse, die Musikerin mit der Stimme, die eine Generation hätte begleiten können.
Auf Youtube gibt es ein herzzerreißendes Video des letzten, nur 43 Minuten langen Auftritts von Amy Winehouse vom 18. Juni 2011 zu sehen, das schmerzhaft dokumentiert, wie die heute vor zehn Jahren verstorbene Sängerin im Scheinwerferlicht regelrecht implodiert, wie sie von ihren eigenen Fans in der serbischen Hauptstadt Belgrad ausgebuht wird, wie sie sinnbildlich vor unseren Augen stirbt. Sie torkelt, sie schwankt, sie wirkt orientierungslos. Sie bleibt am Mikrofon stehen, als sei sie im Begriff, einen neuen Song zu beginnen, doch statt etwas zu sagen, verliert sie das Gleichgewicht. Wieder stehend, verdreht sie spöttisch die Augen, versucht sie etwas ins Mikrofon zu sprechen, versagt dabei, verschränkt sie ihre Arme, wendet sich wieder ab – während ihre wie aus dem Ei gepellt in Anzügen gekleidete Band stoisch grinsend langsame Soul-Grooves spielt, Augenkontakt mit der Sängerin suchend, um den Moment des richtigen Einsatzes zu finden, um den nächsten Song zu beginnen. Als gäbe es noch einen richtigen Einsatz im so offensichtlich Falschen. Zunehmend lauter bringt das Publikum seinen Unmut in der stolzen, hoch und malerisch über Belgrad gelegenen Festung Kalemegdan zum Ausdruck. Als Zuschauer, vielleicht treffender: als Voyeur am Bildschirm, fällt es schwer, diese entsetzlichen Momente des entblößten, würdelosen Untergangs auszuhalten. Als sich Amy Winehouse schließlich, das „Konzert“ ist bereits eine halbe Stunde im Gange, nach minutenlangem, apathischem Herumirren auf der Bühne anschickt, ihren Superhit „Back to Black“ zu singen, kommt alles noch viel schlimmer. Die wenigen Fans, die nicht buhen, singen den Text Silbe für Silbe zum Beat der Band mit, um ihr Idol im freien Fall vielleicht doch noch auffangen zu können – während Amy Winehouse ihren Souffleuren erst lauscht, um dann Strophe für Strophe mit falschem Timing und falschem Text den eigenen Gesangslinien hinterher zu stolpern.More Related News