Markus Lanz legt sich mit Russland-Expertin an: „Sie verteidigen Putin“
Frankfurter Rundschau
TV-Talk mit Markus Lanz (ZDF) zur Eskalation in Osteuropa und zu möglichen Reaktionen des Westens auf den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine.
Berlin – Am Tag nach der Rede von Vladimir Putin, in der er die Anerkennung der zwei Grenzgebiete Donezk und Luhansk zwischen der Ukraine und Russland als autonome Regionen und damit die militärischen Maßnahmen gegen die Ukraine legitimierte, herrscht auf dem politischen Parkett Bestürzung. Diese teilte Markus Lanz in seiner Sendung vom 22. Februar 2022 im ZDF mit seinen Gästen. Er versuchte, sich von den anwesenden Expert:innen ein klareres Bild über das Ausmaß des Konfliktes, Putins Motivation und mögliche zukünftige Entwicklungen zeichnen zu lassen.
Doch Markus Lanz konnte seine bereits feststehende Haltung zu Wladimir Putin, den er als Lügner und Megalomanen erachtet, kaum verbergen. Deswegen geriet er auch im Laufe der Sendung insbesondere mit der Autorin und früheren ARD-Moskau Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz aneinander. „Sie verteidigen Putin“, sagte er ihr dann schließlich gegen Ende der Diskussion im ZDF auf den Kopf zu. Und zugegebenermaßen plädierte Krone-Schmalz im Gespräch wiederholt dafür, Putins Position mehr Verständnis entgegenzubringen.
Es habe sie zwar überrascht, dass er in dieser besagten Rede derart konkret und inkonziliant wurde, doch man müsse verstehen, dass dies nur ein Ausdruck seiner Gemütslage sei. „Putin ist verletzt, er fühlt sich nicht ernst genommen“, meinte sie. Das gehe der gesamten russischen Gesellschaft so. Es herrsche eine „tiefe Enttäuschung“ darüber, dass man sie, die Russen, als Lügner hinstelle, bemerkte sie weiter.
Während sie dafür plädierte, „nicht unnötig darüber zu philosophieren, was Putin vielleicht wie genau in seiner Rede meinte“ müsse man dringend einen Perspektivwechsel vornehmen, um „den Frieden zu erhalten“. Wie richtig der zweite Teil dieser Aussage auch ist, so versuchte sich Krone-Schmalz mit dem ersten Teil der eigentlichen Diskussion bei Markus Lanz im ZDF zu entziehen. Vielmehr wollte der Moderator nämlich wissen, was aus der Rede Putins an konkreten Folgen abzuleiten sei. Für die Politologin Gwendolyn Sasse stand fest, dass Putin der Ukraine offen ihre Existenzberechtigung entzogen habe. Er argumentiere damit, dass bereits 1917 Lenin den Fehler begangen habe, der Ukraine zu viel Autonomie zuzugestehen. Dies zeige, wie Putin sein Vorgehen historisch legitimieren wolle, meinte sie weiter.
Mit Sasse war Markus Lanz (ZDF) viel eher auf einer Wellenlänge an diesem Abend. Und nicht nur mit ihr. Der Journalist und stellvertretende Chefredakteur der Welt, Robin Alexander, zeigte sich emotional ebenso aufgewühlt wie Lanz selbst. Für Putin „gelten keine Grenzen mehr“, sagte er. Auf dieser Basis „könnte morgen Deutschland auch entscheiden, sich Österreich einzustecken“, rief er polemisierend hervor. „Jeder, der nicht völlig verblödet ist, wünscht sich Frieden mit Russland, doch wie soll das gehen, wenn er alles wegwischt“, fügte er verzweifelt hinzu. Er spielte auf die Bemühungen der letzten und aktuellen Bundesregierung an, die versucht hätten, Putins Argumentation ernstzunehmen, aber dafür mit Lügen belohnt geworden seien.