
Film-Festival Locarno: Ein letzter Gruß von David Lynch
Frankfurter Rundschau
Das Festival Locarno glänzt mit verdienten Hauptpreisen für den Japaner Sho Miyake und das deutsch-österreichische Regieduo Elsa Kremser und Levin Peters. Von Daniel Kothenschulte
Anders als manche ihrer berühmten Gäste verraten Filmfestivals nur zu gern ihr Alter. 78 Jahre hat Locarno auf dem Buckel, weniger als Venedig und Cannes aber immerhin drei mehr als die Berlinale. Kurz nach dem Krieg war die internationalistische Idee dahinter ebenso politisch wie die Aufwertung des anspruchsvollen Films neben der kommerziellen Unterhaltung. Selbstverständlich sind beide Haltungen nie geworden, das Förderkino hat längst sein eigenes Wirtschaftssystem hervorgebracht und Unabhängigkeit muss immer wieder neu definiert werden. In anderthalb Wochen wird in Venedig die Marktmacht der amerikanischen Streamingkonzerne zugleich Glanz und Schatten auf das älteste aller Filmfestivals werfen. In Locarno aber spürt man davon glücklicherweise nichts. Dem aktuellen Hollywoodkino zeigt man traditionell die kalte Schulter, was gerade jetzt eine willkommene Botschaft ist. Schließlich wird in der Schweiz in diesem Tagen kaum ein Thema so sehr diskutiert wie Trumps protektionistische Zollpolitik. Da tat es gut, im Locarno-Programm die letzte Produktion von David Lynch zu finden, jenem Filmemacher, der wie kaum ein Zweiter vormachte, wie man Tür an Tür leben konnte mit Hollywood, ohne selbst im mindesten käuflich zu sein.
