
Dieses Frauenhaus in Rom ist durchgehend geöffnet
Frankfurter Rundschau
Das Zentrum „Lucha Y Siesta“ in Rom wehrte knapp eine Räumung ab. Jetzt will das Kollektiv eine Vision für ein besseres Zusammenlebens in der Stadt entwerfen.
Steigt man aus der U-Bahnstation Lucio Sesto hinauf ans Licht, steht man auf der Via Tuscolana – eine der großen Wohn- und Einkaufsstraßen im Süden Roms – zwischen hupenden Autos, drängelnden Passantinnen, Straßenhändlern, Turnschuhgeschäften, Bars und Pizza-Sushi-Döner-Stuben. Über allem ragen die Fassaden vielstöckiger Wohnhäuser, die sich mit komplizierten Klingelanlagen und Videoüberwachung von der Straße abschirmen. Doch nur wenige hundert Meter weiter, in einer Seitenstraße, steht ein blätterumranktes Gartentor offen. Es ist der Eingang zum Frauenhaus Lucha Y Siesta. Unter einem Baum sitzen drei ältere Frauen an einem runden Tisch in der Herbstsonne. Sie diskutieren ein Schulprojekt. Zwei von ihnen sind Lehrerinnen aus dem Viertel, die öfter vorbeikommen. „Unser Tor steht immer offen“, erklärt Egilda Orrico, eine Aktivistin.
Sie und zwei andere Frauen tragen Stühle auf den Hof vor dem in römischem Rot gestrichenen Wohnhaus aus dem 19. Jahrhundert. Morgen ist große Vollversammlung, die erste in Zeiten der Pandemie. Es soll um die Zukunft des Projekts gehen. Das ist kein einfaches Thema. Denn Lucha Y Siesta ist zwar ein Frauenhaus, wo Frauen, die physischer und anderer Gewalt oder besonderen Notlagen ausgesetzt sind, Hilfe und einen Zufluchtsort bekommen.
Aber es ist noch viel mehr: ein Treffpunkt, ein kulturelles Zentrum, ein Netzwerk unabhängiger Frauengruppen, eine Schneiderei, ein Sommerkino und ein Ort, wo politisch diskutiert und über Entscheidungen demokratisch abgestimmt wird. Es war aber auch lange Zeit ein besetztes Haus – eben ein Ort, wo es lucha , auf Spanisch der Kampf, und siesta , die Erholung, gibt. Ein komplexes und einzigartiges Modell, das offensichtlich funktioniert. In dreizehn Jahren haben hier 2000 Frauen Hilfe bekommen.













