Chanels überstrapazierte 90er-Show macht deutlich, wer fehlt
Die Welt
Bei seiner aktuellen Kollektion auf der Paris Fashion Week schwelgt Chanel in Nostalgien, statt herauszufordern. Die Präsentation zeigt einmal mehr, wie sich das Haus unter der Nachfolgerin von Karl Lagerfeld verändert hat.
Wann genau die 90er-Jahre in der Mode wieder auflebten, lässt sich nur verschwommen zurückverfolgen. Jedenfalls fing das Comeback mit der Mom-Jeans an, dann kamen die Techno-Boots und langsam hat man sich an all den Referenzen wirklich satt gesehen. Ein Überraschungsmoment stellt sich zumindest nicht mehr ein, sobald jemand mit dem nostalgischen All-Over-90s-Look verblüffen will.
Als Chanel am Dienstag, dem letzten Tag der Paris Fashion Week, dann seine Kollektion für den kommenden Sommer zeigte, war man ziemlich überrascht. Allerdings eher im umgekehrten Sinne. Virginie Viard, Nachfolgerin des 2019 verstorbenen Karl Lagerfeld, deklinierte in ihrer aktuellen Kollektion für das Haus noch einmal sämtliche Einflüsse der Neunziger durch, inklusive allerlei modischer Charakteristika aus der Zeit wie Bauchketten, hoch geschnittene Badeanzüge, Handtaschen mit Metallicfinish, asymmetrisch gerahmte Dekolletés und transparente Chiffonseide. Also all das, was ohnehin seit Monaten in sämtlichen Boutiquen hängt, woran sich Designer schon vor zwei oder drei Saisons abgearbeitet haben und was Youngsters wie Kaia Gerber, Kendall Jenner oder Bella Hadid bereits seit Monaten zum Retro-Look inspiriert. Wenn es nach Chanel geht, soll das Neunziger-Thema Begehrlichkeiten für den nächsten Sommer wecken, obwohl es doch eigentlich schon jetzt überstrapaziert ist.
