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Bob Dylan „Fragments“: Rückkehren, Bleiben, Weiterziehen

Bob Dylan „Fragments“: Rückkehren, Bleiben, Weiterziehen

Frankfurter Rundschau
Thursday, January 26, 2023 05:07:28 PM UTC

Mit „Fragments“ setzt der Jahrhundertkünstler seine Werkschau fort.

Als Bob Dylans Album „Time Out Of Mind“ im Herbst 1997 erschien, wurde es weithin als Comeback gefeiert. Viel mehr als das aber war es der Eintritt in ein opulentes Alterswerk, das seither viele Wendungen und Verdichtungen erfahren hat. Dem einstigen Folk-Heroen schlug seinerzeit eine Woge des Wohlwollens entgegen, weil „Time Out Of Mind“ die ersten Eigenkompositionen seit sieben Jahren enthielt. Bob Dylan war ins Grübeln gekommen, ob es nicht bereits genug Dylan-Songs gebe.

Zwischenzeitlich hatte er sich dem traditionellen Liedgut gewidmet, eine Art kreative Rückbesinnung. Dann aber kam die Lust auf Neues zurück. Unter der Produktionsregie von Daniel Lanois betrieb er zusammen mit Tony Garnier und Tony Mangurian eine asketische anmutende Reduktion aufs Material – mit etwas übertriebenem Echo-Einsatz. Die neuen Songs („Love Sick“, „Highlands“) wirkten düster-verschlossen, während ein Liebesschwur wie „Make You Feel My Love“ fast eindimensional schlicht daherkam, als ginge es darum, endlich einmal etwas beizusteuern, das zum Abspielen auf Standesämtern geeignet ist.

Oder eher doch nicht? Die bedingungslose Liebe, zu der die Angebetete noch nicht bereit scheint, hat etwas unterschwellig Besitzergreifendes. In der zum Welthit avancierten Version von Adele werden die Zweifel später hymnisch weggehaucht werden.

Das sparsame Arrangement der elf Songs wurde als demonstratives Abwerfen von Ballast wahrgenommen. Ähnlich wie sein Kollege Rick Rubin, der Aufnahmen mit Johnny Cash eine berührende Lebenswerk-Patina verliehen hatte, setzte Daniel Lanois auf spontan wirkende Schlichtheit, wie penibel sie auch hergestellt sein mochte. Das ist derart gut gelungen, dass „Time Out Of Mind“ eine Songperle wie „Standing In The Doorway“ enthält, die lange selbst im Dylan-Kosmos nicht freigegeben worden zu sein schien. Zu entdecken ist übrigens auch eine Entschlackung, die Lanois dem Album „Street Legal“ von 1978 hat angedeihen lassen. Die nur als Stream erhältliche Bearbeitung wirkt frischer und zugänglicher als je zuvor.

Natürlich hält die 17. Ausgabe der Bootleg-Serie, die als „Fragments“ in einer De-Luxe-Box mit 5 CDs sowie einer überblicksartigen Ausgabe mit zwei CDs angeboten wird, keine Sensationen mehr bereit. Mehr als um zwanghafte Archivierung geht es um die Lust an der Variation.

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