"Als Gesellschaft sensibler werden" - Gewalt in Deutschland
ProSieben
Die Tat von Idar-Oberstein hat viele Menschen erschüttert und aufgerüttelt. Wie kann die wachsende Gewaltbereitschaft gestoppt werden? Die Kriminologin Britta Bannenberg zeigt Wege auf.
Der tödliche Angriff auf einen Tankstellen-Kassierer in Idar-Oberstein ist nach Einschätzung der Kriminologin Britta Bannenberg keine überraschende Tat. "Wir haben seit Jahren einen Anstieg von Aggressionspotenzial, von Extremismen und Gewaltbereitschaft", sagte die Professorin von der Universität Gießen der Deutschen Presse-Agentur. Dies habe sich zunächst in der Gewaltbereitschaft gegenüber Amtsträgern aller Art wie Polizisten, Einsatzkräften, Mitarbeitern von Jobcentern und Bürgermeistern geäußert.
"Das Klima ist insgesamt rauer geworden und das spüren viele", sagte Bannenberg, die seit Jahren auch zur Kriminalprävention forscht. "Es ist ein Groll gegen die Gesellschaft spürbar, und an den Corona-Maßnahmen entzündet sich vieles. Aber sie sind nicht die Ursache." Sich jetzt nur auf Corona-Leugner zu fokussieren, sei zu einseitig. "Es ist breiter."
Sachlichkeit und eine konsequente Strafverfolgung seien wichtig, sagte Bannenberg. Das gelte auch für die Äußerungen im Internet, in denen Taten wie die von Idar-Oberstein gelobt oder zur Nachahmung aufgerufen werde. Das Strafgesetzbuch sehe dafür die Möglichkeit der Strafverfolgung vor. "Da reicht oft schon die Einleitung eines Strafverfahrens, mit der die Schreihälse nicht gerechnet haben, auch wenn dieses gegen eine Geldbuße wieder eingestellt wird", sagte Bannenberg. Es sei auch gut, dass die Polizei durchgreife, "bei denen, die als Nachahmer auf der Welle reiten".
Aber auch die Bürger selbst hätten eine gewisse Verantwortung: "Wie kommt die Information, dass ein Mensch bedrohlich ist oder sich so äußert, zur Polizei?", fragte die Rechtswissenschaftlerin. "In der Bevölkerung ist viel mehr Wissen vorhanden, wer wirklich schräg wird", berichtete sie aus ihrer Erfahrung und Gesprächen mit beunruhigten Menschen im Beratungsnetzwerk "Amok-Prävention".
