„Angela Merkel - Im Lauf der Zeit“ im TV: Von der totalen Berechenbarkeit
Frankfurter Rundschau
Bei dem Film „Angela Merkel – Im Lauf der Zeit“ handelt es sich um ein TV-Porträt der ehemaligen Bundeskanzlerin, inszeniert von Dokumentarfilmer Torsten Körner.
Frankfurt – Eineinhalb Stunden Filmporträt sind schon fast vorbei, da spricht Angela Merkel einen Satz, der sie vielleicht besser beschreibt als 90 Fernsehminuten. Gefragt nach einer für ihre Verhältnisse leidenschaftlichen Bundestags-Rede zum Thema Corona sagt sie: „Das war der Versuch, durch eine sehr starke Emotionalität in Erinnerung zu rufen, dass das Virus eigentlich total berechenbar ist.“
Ein „politisches Roadmovie“ über die bis vor kurzem ewige Kanzlerin habe er machen wollen, sagt Torsten Körner, der Autor von „Angela Merkel – Im Lauf der Zeit“, aber so politisch nun offenbar auch wieder nicht. Es geht, so Körner, auch um „Empfindungen, die wir mit ihr geteilt haben“. In der Tat, darum geht es auch, und zwar vor allem in den peinlichsten Momenten dieses Films.
Wie gesagt: Zum Thema „Empfindungen“ hätte Merkels eigener Satz über den „Versuch“, durch „Emotionalität“ die Menschen von „totaler Berechenbarkeit“ zu überzeugen, voll und ganz ausgereicht. Was für eine wunderbare Selbstbeschreibung einer öffentlichen Person, für die – und das ist nicht unbedingt ein Vorwurf – selbst Emotionen noch Teil einer Versuchsanordnung sind, in der es vor allem um Berechenbarkeit geht.
Aber wir leben nun mal in Zeiten von Personalisierung und Emotionalisierung, und deshalb dürfen wir während der eineinhalb Stunden noch mehrfach bewundernd staunen, dass es sich bei dieser Frau offenbar um einen echten Menschen handelt.
Da strahlt die (auch der FR-Leserschaft nicht unbekannte) Berlin-Korrespondentin Kristina Dunz über „die Selbstironie“, „die diese Kanzlerin auch hat“, und der Schauspieler Ulrich Matthes schwärmt, privat sei sie „so viel impulsiver, lustiger“ und, Achtung: Den Matthes hat sie am Ende eines Gesprächs über private Sorgen sogar einmal in den Arm genommen.