Wohnungslos in Darmstadt: „Mein Schlafzimmer ist im Rosengarten“
Frankfurter Rundschau
Die Teestube, eine Beratungstelle für Wohnungslose, feiert ihr 35-jähriges Bestehen. Viele ihrer Gäste leben auf der Straße.
Der Rosengarten ist mein Schlafzimmer“, sagt Marko Tadic. Der 35-jährige Kroate lebt auf der Straße und seit drei Monaten in Darmstadt. „Ich hatte nichts, als ich aus Innsbruck hier ankam“, erzählt er. In der Teestube habe man ihm geholfen. Er zeigt auf sein T-Shirt und seine Shorts. Die Fachberatungsstelle des Diakonischen Werks Darmstadt-Dieburg feierte am Dienstag ihr 35-jähriges Bestehen mit einem großen Grillfest, Ausstellungen und Dia-Show. Bei Sonnenschein, alkoholfreier Erdbeerbowle und Käsewürfeln plauderte man gerne mit der Presse, ehe die Steaks auf dem Grill gar waren.
Nicolei hat einen Schlafplatz in einem Garten, erzählt er. Fließendes Wasser gebe es dort nicht, deshalb komme er regelmäßig in die Teestube, um zu duschen. Der 47-Jährige kam 2011 aus Rumänien nach Deutschland, arbeitete lange auf dem Bau in Frankfurt, verlor aber wegen Alkoholproblemen vergangenes Jahr seinen Job und ist seither auf der Straße. Eine achtmonatige Entziehungskur habe er auch hinter sich. Sei aber wieder rückfällig geworden, als die Probleme zu arg wurden. Sein Plan, sagt er, ist „alles ist gut, aber das klappt irgendwie nicht“.
Im Schnitt kommen täglich 35 Gäste, an manchen Tagen mehr als einhundert. Außer Kaffee trinken und sich aufwärmen, kann man duschen und seine Wäsche waschen, Computer und Internet nutzen, es gibt Spinde zur Gepäckaufbewahrung und eine Fahrradwerkstatt. Auch Post können Menschen ohne festen Wohnsitz dorthin schicken lassen und das Tagesgeld wird hier ausgezahlt. Mindestens so wichtig sei jedoch die persönliche Ansprache, die man dort erhalte, sagen viele.
Der 64-jährige Volker dürfte der Besucher sein, der schon am längsten kommt – nämlich seit den 90er Jahren, sagt er. Auf der Straße lebte er seit seinem 27. Lebensjahr. Auch im Obdachlosenwohnheim am Zweifalltorweg habe er lange gelebt. „Jetzt habe ich eine Wohnung im Schwarzen Weg gefunden“, berichtet er glücklich.
Nicht alle, die hier herkommen, wollen in Wohnheimen leben, sagt Dominik Stein, einer von acht Ehrenamtlichen der Einrichtung. Außerdem arbeiten sechs Vollzeitkräfte in der Sozialen Arbeit, der Hauswirtschaft und der Verwaltung. Eine von ihnen ist Nicole Frölich. Die Darmstädter Grünen-Politikerin ist seit 20 Jahren in der Teestube engagiert. Es habe sich im Laufe der Zeit vieles verändert, sagt sie.