Warum Deutschland seine Interessen jetzt im Indopazifik verteidigt
Frankfurter Rundschau
Deutschland will mehr Präsenz im Indopazifik zeigen, auch wegen Chinas robustem Auftreten in der Region. Ein Experte ordnet die Pläne von Verteidigungsminister Pistorius ein.
München – Als die Fregatte „Bayern“ im Sommer 2021 ihren Heimathafen Wilhelmshaven verließ und Kurs nahm in Richtung Fernost, wurde das deutsche Verteidigungsministerium noch von Annegret Kramp-Karrenbauer geleitet. Rund 43.000 Seemeilen legte das Kriegsschiff der Brandenburg-Klasse in den folgenden sieben Monaten zurück – auf einer Mission, die offiziell als „Ausbildungsfahrt“ deklariert wurde.
Vor allem aber ging es der Besatzung der „Bayern“ damals darum, Präsenz zu zeigen in einer Region, die von der deutschen Politik jahrelang vernachlässigt worden war: Über das Horn von Afrika und Australien fuhren die 180 Besatzungsmitglieder über Japan, Südkorea sowie Vietnam und vorbei an China bis nach Singapur. Es war das erste Mal seit fast zwei Jahrzehnten, dass ein deutsches Kriegsschiff in den Indopazifik entsendet wurde.
Nun kündigte Kramp-Karrenbauers Nach-Nachfolger Boris Pistorius die Fortsetzung dieser historischen Mission an. Im kommenden Jahr solle erneut eine Fregatte in den Indopazifik geschickt werden, dann in Begleitung eines Versorgungsschiffes, sagte Pistorius am vergangenen Wochenende in Singapur auf dem Verteidigungsforum Shangri-La-Dialog. Die Mission richte sich nicht gegen einen bestimmten Staat, so der Minister, im Gegenteil: Die beiden Schiffe „setzen sich für den Schutz der auf Regeln basierenden internationalen Ordnung ein, die wir alle unterzeichnet haben und von der wir alle profitieren sollten – sei es im Mittelmeer, im Golf von Bengalen oder im Südchinesischen Meer“.
Gedacht war Pistorius‘ Ankündigung wohl dennoch vor allem als Ansage an China, das in der Region zunehmend selbstbewusst auftritt. Peking beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer als eigenes Hoheitsgebiet und lässt seit Jahren Riffe zu Inseln aufschütten – die es anschließend militärisch befestigt. Ein Urteil des Internationalen Schiedsgerichtshofs in Den Haag von 2016, das Chinas Ansprüche zurückweist, ignoriert Peking. Gleichzeitig kommt es in der Region immer wieder zu Zusammenstößen mit den USA – zuletzt näherte sich laut US-Pazifikkommando ein chinesischer Jet einem US-Aufklärungsflugzeug auf „unnötig aggressive“ Weise. Vorfälle wie dieser nehmen zu. Und in der Bundesregierung scheint man zu erkennen, dass man den Blick nicht länger abwenden kann.
Deutschland fühle sich „verpflichtet, zu Frieden und Sicherheit im indopazifischen Raum beizutragen“, sagte Pistorius in Singapur. Aus gutem Grund: Durch das Südchinesische Meer verläuft die wichtigste Handelsroute der Welt. Schätzungen zufolge passiert ein Drittel der weltweit gehandelten Güter die Region. Eine Blockade, etwa durch China, wäre für die Exportnation Deutschland eine Katastrophe.