Warum das Kino nicht fertig wird mit Honoré de Balzac
Die Welt
Xavier Giannoli und Jacques Fieschi haben „Verlorene Illusionen“ verfilmt, Balzacs wichtigsten Roman. Das französische Kino hat lange gefremdelt mit dem wahrscheinlich wichtigsten Romancier Frankreichs. Der Grund liegt in einem bestimmten Mangel.
Der gute Balzac-Leser weiß, dass er ruhigen Gewissens schon mal 20 Seiten überschlagen darf. Weltfülle stellt sich bei diesem Romancier allerorten ein, da schadet eine gelegentliche, gnädige Lücke nicht. Ein Drehbuchautor, der einem von Balzacs Büchern die Stirn bieten will, muss also vor Kürzungen und Auslassungen nicht zurückschrecken.
Entsprechend beherzt sind Xavier Giannoli und Jacques Fieschi bei ihrer Adaption von „Verlorene Illusionen“ zu Werk gegangen. Den ersten Teil des Romans haben sie auf einen Prolog verkürzt, den dritten sparen sie komplett aus. Sie konzentrieren sich ganz auf Paris, das Gravitationszentrum der Welt Balzacs, wo der schwärmerische Lucien Chardon, der gern das Adelsprädikat seiner Mutter, einer geborenen de Rubempré, zurückgewinnen würde, seiner Ideale verlustig geht.