Wahlkampf in Polen: Die Jagd auf Donald Tusk läuft auf Hochtouren
DW
In diesem Herbst wird in Polen ein neues Parlament gewählt. Die Regierung muss um ihre Wiederwahl fürchten. Sie zieht deshalb alle Register, um ihren gefährlichsten Herausforderer, Donald Tusk, auszuschalten.
Der polnische Oppositionsführer Donald Tusk wird seit Jahren in allen von der Regierung kontrollierten Medien in Polen als Bösewicht dargestellt. Mal diskreditieren sie ihn als Sachwalter deutscher Interessen, mal als "russische Socke". Doch die brutale Diffamierungskampagne gegen den Chef der liberalen Platforma Obywatelska (Bürgerplattform, PO) reicht offensichtlich nicht aus, um ihn so sehr zu schwächen, dass er für das rechte Regierungslager mit Jaroslaw Kaczynski an der Spitze keine Gefahr mehr darstellt.
Weil der Ausgang der Parlamentswahl im Herbst ungewiss ist und die Nervosität im Regierungslager mit jeder Woche steigt, versucht jetzt die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) den gefährlichen Rivalen mit anderen Methoden auszuschalten.
Nun hat die Staatsanwaltschaft in Warschau Ermittlungen gegen Tusk aufgenommen. Das teilte am Montag (24.04.2023) das Portal tvp.info mit, das als Sprachrohr der Regierung gilt. Der Unternehmer Marek Falenta hatte im November 2022 Anzeige gegen Tusk erstattet. Er wirft ihm vor, als Regierungschef im Jahr 2014 seine "Kompetenzen überschritten" zu haben. Die Regierung Tusk hatte nach der Annexion der Krim durch Moskau eine Untersuchung der Steinkohleimporte aus Russland durch Falentas Firma angeordnet. Der Geschäftsmann behauptet, Tusk habe ohne Rechtsgrundlage in die Wirtschaft eingegriffen und seinem Unternehmen geschadet.
Die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza machte am Mittwoch (26.04.2023) darauf aufmerksam, dass die Ermittlungen erst ein knappes halbes Jahr nach der Anzeige aufgenommen wurden - ausgerechnet zu Beginn der entscheidenden Phase des Wahlkampfes. Die Redaktion betonte, dass Falenta vorbestraft und seine Glaubwürdigkeit mehr als zweifelhaft sei.
In der Tat hat der Geschäftsmann wegen einer Abhöraffäre zwei Jahre im Gefängnis verbracht. Von ihm bezahlte Kellner hatten in zwei Warschauer Restaurants Spitzenpolitiker aus Tusks Regierung abgehört und den Inhalt der Gespräche an die Medien weitergegeben. Die Aktion, hinter der der russische Geheimdienst stehen könnte, trug wesentlich zur Wahlniederlage Tusks im Jahr 2015 bei.