Versorgungskrise, Corona, Brexit-Folgen: Der heiße Herbst der Torys in Großbritannien
Frankfurter Rundschau
Die Konservativen treffen sich zum Parteitag, in Großbritannien werden die Brexit-Folgen deutlich. Boris Johnson spricht von einem „kaputten Wirtschaftsmodell“.
Manchester – Als die Konservativen vor Monaten ihr Jahrestreffen planten, stand die Covid-Pandemie in Großbritannien im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Das Ergebnis war eine Hybrid-Veranstaltung. Wer sich nicht wie gewohnt mit mehr als zehntausend Mitgliedern, Lobbyisten und Journalisten auf engstem Raum zusammenpferchen lassen mag, kann die mehr oder weniger originellen Reden von Premier Boris Johnson und seinen Kabinettsmitgliedern bequem vom Sessel aus verfolgen. Besonders für das überwiegend älteren Risikogruppen angehörende Parteivolk werde dies gewiss eine erfreuliche Lösung sein.
Nun, da seit Wochen eine Versorgungskrise das Land überschattet, wirkt das Hybrid-Event wie geschaffen zum Benzinsparen – und zur Vermeidung unangenehmer Begegnungen mit enttäuschten oder wütenden Menschen. Davon gibt es reichlich. Am Montag veröffentlichte die „Times“ Umfragen: In den rund 50 Bezirken Mittel- und Nordenglands, die bei den letzten beiden Unterhauswahlen von der Labour Party zu den Torys überliefen, staut sich der Unmut. Beim nächsten Urnengang, so legt es die Analyse der Firma YouGov nahe, muss die derzeit mit bequemer Mehrheit ausgestattete Regierungspartei mit erheblichen Verlusten rechnen.
Dementsprechend angespannte Stimmung herrscht bei den Reden im radikal verkleinerten Kongresssaal der nordenglischen Stadt Manchester. Finanzminister Rishi Sunak verteidigte am Montag die angekündigten Erhöhungen von Unternehmenssteuer und Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung als „fiskalisch verantwortungsvoll“. Der Beifall blieb dünn, schließlich gerieren sich die Konservativen viel lieber als Steuersenker.