Vergiftete Zimtschnecke für die Ehefrau
ProSieben
Ehefrau und Schwiegermutter überlebten den Biss in eine mit Schlafmittel präparierte Schnecke. Das Motiv des Mannes bleibt im Nebel.
Am Ende weinten sie beide. Der Mann, der seiner Ehefrau eine mit Schlafmittel präparierte Zimtschnecke untergejubelt hatte. Und die Frau, die den Biss in das Leib- und Magen-Gebäck ihres Mannes überlebte, genau wie ihre Mutter, die die andere Hälfte der Schnecke gegessen hatte. Im Schwurgerichtssaal des Nürnberger Landgerichts entschuldigte sich der 39-Jährige aus Erlangen zum Prozessauftakt am Donnerstag öffentlich, mit tränenerstickter Stimme, verbal kaum verständlich, aber inhaltlich deutlich: Es tue ihm leid - und er sei heilfroh, dass die beiden Frauen keine bleibenden Schäden davongetragen hätten. Die Szene vor den Augen der 19. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth war der vorläufige Höhepunkt dessen, was vor neun Jahren bei einer Wanderung als Liebesgeschichte zweier junger Menschen begann - und als Beziehungstat endete. Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes lebten sich die Eheleute auseinander, stritten, manchmal wurde es laut, wie die 41 Jahre alte Frau im Zeugenstand schilderte. Es kommt zur Trennung, es geht um die Umgangszeiten mit dem Sohn, einem "Papakind", wie beide Elternteile einmütig aussagen. Dem Vater reicht es nicht aus, jedes zweite Wochenende und jeden Donnerstag mit dem Fünfjährigen zusammen zu sein. Er bringt ihn nicht mehr in den Kindergarten, die Mutter stört das. Finanzielle Probleme, gelegentlicher Drogenkonsum und gesundheitliche Schwierigkeiten kommen hinzu. Schließlich, im November 2020, fasst der Mann den folgenreichen Entschluss. Das Schlafmittel Etizolam, das er selbst schon konsumiert hat und das ihn in einen tiefen, traumlosen Schlaf versetzt hatte, mischt er in hoher Dosierung in die Füllung seiner Zimtschnecken - soviel gibt er in seiner sechs Seiten langen Einlassung, die er vor Gericht selbst verliest, zu. Doch warum tut er das? Hier gehen die Meinungen auseinander. Wollte er tatsächlich seine Frau nur für ein, zwei Tage außer Gefecht setzen, um mehr als nur den Donnerstag mit dem so geliebten Söhnchen verbringen zu können, wie er selbst als Motiv angibt? Oder wollte er der Frau ein Drogenproblem anhängen, um längerfristig das alleinige Sorgerecht für den Kleinen anzustreben, wie die Frau in einer ihrer Vernehmungen gemutmaßt hatte? Oder wollte er die verflossene Ehefrau gar für immer beseitigen, wie die Staatsanwaltschaft in ihrer auf versuchten Mord lautenden Anklageschrift annimmt?More Related News