Vergessene Krisen: Das Leid im Verborgenen
DW
Viele Krisen spielen sich versteckt vor den Augen der Weltöffentlichkeit ab. Die Folge: Weniger Unterstützung für Notleidende. Die Hilfsorganisation CARE will das ändern und stellt wieder zehn vergessene Krisen vor.
Die Victoriafälle ganz im Süden Sambias sehen wie ein gigantischer Wasservorhang aus. Mit mehr als 1700 Metern ist das UNESCO-Weltkulturerbe der breiteste Wasserfall der Welt. Der Sprühregen der Wassermassen des Sambesi-Flusses, die eine 110 Meter tiefe Schlucht hinabstürzen, ist so riesig, dass er den anliegenden Regenwald bewässert. Ein grandioses Naturschauspiel, dessen Wasserreichtum jedoch in maximalen Kontrast zum Rest Sambias steht.
Denn wie viele andere Länder im südlichen Afrika wird Sambia von langanhaltenden Dürreperioden heimgesucht. Regelmäßig verdorren Ernten. Unterernährung ist unter den 18,4 Millionen Einwohnern weit verbreitet.
"Dort erleiden 1,2 Millionen Menschen Hunger und 60 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze", sagte die Kommunikationsleiterin von CARE Deutschland, Sabine Wilke, der DW. "Das ist für uns eine klassische chronische Krise." Es habe keinen Krieg oder etwa ein Erdbeben gegeben, "wo man sagen kann, da fing die Krise an. Aber wir erleben in Sambia wie auch in anderen Ländern die dramatischen Auswirkungen der klimatischen Veränderungen, also wiederholte und stärkere Dürren. Davon können sich die Menschen nicht mehr erholen und sind auf humanitäre Hilfe angewiesen", sagt Wilke.
So dramatisch die Lage Sambia ist, so wenig wird international über sie berichtet. Damit gehört sie zu jenen Krisen, die sich weitgehend im Verborgenen abspielen. Über sie informiert CARE in ihrem jährlichen Bericht "Suffering In Silence". Die Medienanalyse listet zum sechsten Mal zehn Krisen auf, die mindestens eine Million Menschen betroffen haben und am wenigsten in internationalen Online-Medien genannt wurden.
"Wir möchten damit ein Zeichen setzen, dass humanitäre Krisen nicht nur abhängig von ihrer politischen Relevanz oder ihrer Präsenz in den Medien Aufmerksamkeit benötigen, sondern dass, egal wo und wie viele Menschen leiden, die Welt hinschauen muss", sagt Sabine Wilke, die auch Mitautorin von "Suffering in Silence" ist.