Ukraine-Konflikt: In drei Schritten zur Unabhängigkeit von Russland
Frankfurter Rundschau
Der Krieg gegen die Ukraine ist auch ein Energiekrieg. Deutschland zahlt den Preis für die verschleppte Energiewende. Ein Gastbeitrag.
Kiew/Moskau/Berlin – Was für ein Horror. Das schlimmste Szenario, vor dem wir seit über einem Jahrzehnt warnen, ist eingetreten: Wir befinden uns inmitten eines Energiekriegs. Russland nutzt schon lange Gas als politische Waffe, hat mehrfach den Gashahn zugedreht, nun droht Präsident Wladimir Putin auch noch indirekt mit Atomwaffen. Mehr Beweis, dass Atom, Erdgas und Erdöl keine Friedenstechnologien sind, gibt es nicht.
Die Folgen sind unabsehbar. Die Risiken sind hoch, dass fossile Energiepreise wie Öl und Gas stark ansteigen werden und somit die Belastungen für die Wirtschaft hoch werden. Und Deutschland ist schlecht vorbereitet, wir zahlen nun den sehr hohen Preis für die verschleppte Energiewende.
Der Stopp der Zertifizierung von Nord Stream 2 ist richtig. Wir benötigen diese Pipeline nicht, daher ist sie auch zur Sicherung der Energieversorgung nicht notwendig. Wir können ausreichend Gas aus anderen Quellen beziehen, dafür wird diese Pipeline nicht benötigt. Sie würde die Abhängigkeit von Russland noch weiter ansteigen lassen, auf deutlich über 60 Prozent, das ist ungut. Wir sollten besser auf eine Diversifikation der Gasbezüge setzen und können auch auf Flüssiggas ausweichen, da in Europa mehr Kapazitäten vorhanden sind. Es gibt ausreichende Flüssiggas-Terminals in Europa, auf die auch Deutschland zugreifen kann.
Die Frage ist eher, ob es vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts zu einem generellen Lieferstopp von Gas aus Russland kommt. Auch dies könnten wir überbrücken, zumindest für einen gewissen Zeitraum. Zum Glück sind wir am Ende des Winters. Es ist unwahrscheinlich, dass es in unseren Häusern kalt wird, im allerschlimmsten Fall kann es dazu kommen, dass die Industrie den Verbrauch drosseln muss.
Sollten die gesamten fossilen Energie-Bezüge gestoppt werden, wird es allerdings erheblicher Anstrengungen bedürfen, diese entsprechend auszugleichen Die Gaspreise sind aufgrund der schwierigen Lage ohnehin schon gestiegen. Es ist mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen, aber nicht, weil Nord Stream 2 gestoppt wird, sondern weil es sich generell um eine sehr ernste geopolitische Krise handelt.