Tunesiens Präsident baut seine Macht aus
Die Welt
Seine Kritiker sprechen von einem „Staatsstreich“ und dem Ende der jungen Demokratie: In Tunesien hat die Mehrheit der Wähler eine neue Verfassung angenommen, die Präsident Kais Saied weitreichende neue Befugnisse erteilt.
Tunesiens Präsident Kais Saied hat seine Macht mit einer neuen Verfassung ausgebaut und damit Sorgen vor einem drohenden Ende der Demokratie in dem Mittelmeerland vergrößert. Wie die Wahlbehörde in der Nacht zum Mittwoch mitteilte, stimmten bei einem Referendum 94,6 Prozent der Wähler für die neue Verfassung. Sie kann nun trotz einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung in Kraft treten. Nur weniger als ein Drittel der Wahlberechtigten gab seine Stimme ab. Die Verfassung sieht keine Instanz mehr vor, die den Präsidenten kontrollieren oder ihn gar des Amtes entheben könnte.
Der Ex-Juraprofessor Saied baut seine Macht als Staatschef damit zulasten von Parlament und Justiz aus. Er kann künftig ohne Zustimmung des Parlaments etwa die Regierung sowie Richter ernennen und entlassen. Zudem soll er die Volksvertretung auflösen können. Die Verfassung sollte mit Verkündung der offiziellen Ergebnisse automatisch in Kraft treten. Zwar gab nur knapp ein Drittel der Wahlberechtigten beim Referendum die Stimme ab, doch die einfache Mehrheit genügte. Saied hat zudem bereits angekündigt, auch das Wahlrecht ändern zu wollen.