Tschechien gedenkt "seiner Deutschen"
DW
Mit der Ausstellung "Unsere Deutschen" wird in der Tschechischen Republik erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg in unparteiischer Weise an den Beitrag der Deutschen in Tschechien zur Geschichte des Landes erinnert.
In der Mitte der Holzwand steht eine große Glasvitrine, darin ein Plakat aus dem Jahr 1945, das damals in Städten und Dörfern in der ganzen Tschechoslowakei zu sehen war. Es handelt sich um den Erlass 12/1945 des damaligen Präsidenten der Republik, Edvard Benes, über die "Beschlagnahme und beschleunigte Umverteilung des landwirtschaftlichen Vermögens der Deutschen, Ungarn und Verräter und Feinde der tschechischen und slowakischen Nation". Als eines der wichtigsten Dekrete, das Benes erließ, beraubte es unter anderem fast drei Millionen böhmische, mährische und schlesische Deutsche, die heute meist als Sudetendeutsche bezeichnet werden, ihres Eigentums und ihrer Bürgerrechte.
An der Holzwand stehen zwei Koffer und eine Holzkiste. Es handelt sich um das authentische Gepäck von deutschen Vertriebenen, die nur 40 Kilo pro Person mitnehmen durften. Die Schubladen in der Wand, die Besucher öffnen können, enthalten Gegenstände, die die Sudetendeutschen vor ihrer Vertreibung in ihren Häusern versteckt hatten, in der Hoffnung, bald zurückkehren zu können. Zum Beispiel Uhrenteile, Briefe und Werkzeuge.
Die Exponate sind Teil der Dauerausstellung "Unsere Deutschen", die am 18. November im Museum der nordböhmischen, unweit der deutsch-tschechischen Grenze gelegenen Stadt Usti nad Labem (Aussig an der Elbe) eröffnet wurde. Es ist die erste Ausstellung dieser Art in der Tschechischen Republik. Und Usti nad Labem ist der erste Ort, der in dieser Weise an das fast tausendjährige Zusammenleben von Tschechen und Deutschen auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik erinnert.
"Wir haben uns um eine objektive und unparteiische Sichtweise bemüht. Wir beschönigen nicht, was die deutsche Bevölkerung durchgemacht hat, aber wir beschönigen auch nicht, was die Deutschen während des Krieges getan haben", sagte Petr Koura, Direktor der gemeinnützigen Gesellschaft Collegium Bohemicum, die die Ausstellung ins Leben gerufen hat, dem Nachrichtenportal IDNES.cz.
Die Ausstellung ist ein Querschnitt durch die Geschichte der Deutschen in Tschechien von ihrer Ankunft im Mittelalter bis 1947. Sie befindet sich auf einer Fläche von 1500 Quadratmetern auf zwei Etagen des Museums und ist auf moderne und interaktive Weise konzipiert. "Die Ausstellung will den Beitrag der tschechischen Deutschen zur Entwicklung der böhmischen Länder und die große Bedeutung der tschechischen Deutschen zeigen", sagt Tomas Okurka, der Kurator der Ausstellung, der DW. "Wir wollen die Geschichte des Zusammenlebens von Tschechen und tschechischen Deutschen von ihrer Ankunft bis ins 20. Jahrhundert zeigen."