Streit zwischen Polen und EU: Verhärtete Fronten
Frankfurter Rundschau
Der Konflikt mit Polen dominiert den EU-Gipfel / Angela Merkel setzt weiter auf Dialog
Der Einhundertsiebte ist vielleicht ihr letzter EU-Gipfel. Doch nach einem fröhlichen Abschied unter Freund:innen sieht es nicht aus, als Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag im Brüsseler Europaviertel vor die Kameras tritt. Im Gegenteil: Die Stimmung unter den 27 Staats- und Regierungschef:innen der EU ist schlecht wie selten zuvor in Merkels fast 16-jähriger Amtszeit. Das liegt nur zum Teil an den rasant steigenden Energiepreisen in Europa. Der Hauptgrund sind die Verstöße der polnischen Regierung gegen Rechtsstaatsprinzipien der EU.
Obwohl die Fronten verhärtet sind, seit sich Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Anfang der Woche über den Vorrang europäischen Rechts gegenüber nationalem Recht öffentlich gefetzt haben, setzt Merkel weiter auf Dialog. „Rechtsstaatlichkeit ist ein Kern des Bestands der Europäischen Union“, sagt sie und fügt hinzu: „Auf der anderen Seite müssen wir Wege und Möglichkeiten finden, hier wieder zusammenzukommen.“ Schließlich sei eine „Kaskade von Rechtsstreitigkeiten vor dem Europäischen Gerichtshof auch keine Lösung“.
Hintergrund des Streits ist das Urteil des Verfassungsgerichts in Warschau, nach dem Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind. Diese Entscheidung wird von der EU-Kommission und etlichen anderen Staaten als höchst problematisch angesehen, weil sie der polnischen Regierung einen Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des Europäischen Gerichtshofes einfach zu ignorieren.