So viele Arbeitnehmer machen Überstunden - oft auch unbezahlt
ProSieben
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung spricht sogar von beunruhigenden Zahlen.
Mehr als jeder achte Arbeitnehmer in Deutschland hat im vergangenen Jahr Überstunden gemacht. Durchschnittlich 4,5 Millionen Menschen leisteten mehr Arbeit als in ihrem Vertrag vereinbart, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Das seien 12 Prozent der 37,8 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hierzulande. Dabei machten Männer mit einem Anteil von 14 Prozent etwas öfter Überstunden als Frauen mit 10 Prozent.
Von den Menschen, die 2021 Mehrarbeit erbrachten, leisteten knapp 22 Prozent unbezahlte Überstunden, hieß es weiter. Knapp 18 Prozent wurden dafür bezahlt. 72 Prozent nutzten ein Arbeitszeitkonto.
Für die meisten Beschäftigten war die Mehrarbeit auf wenige Stunden pro Woche begrenzt, so die Statistiker. Zugleich jedoch machten 29 Prozent der Betroffenen mindestens 15 Stunden Mehrarbeit je Woche.
Solche Zahlen seien beunruhigend, sagte die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch. "Vor diesem Hintergrund wird noch einmal deutlich, wie unnötig und kontraproduktiv Diskussionen über eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit sind." Sie forderte gegen den Fachkräftemangel attraktive Bedingungen, darunter Arbeitszeitarrangements, die Spielräume für eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und übrigem Leben ließen.
Zuletzt hatte Industriepräsident Siegfried Russwurm längere Wochenarbeitszeiten als Mittel gegen den zunehmenden Mangel an Arbeitskräften gefordert. "Ich habe persönlich große Sympathie für eine optionale Erhöhung der Wochenarbeitszeit - natürlich bei vollem Lohnausgleich", hatte er gesagt. Eine 42-Stunden-Woche sei sicher leichter umzusetzen als eine allgemeine Einführung der Rente mit 70, so Russwurm. Zuvor hatte sich auch Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), in der Debatte um sinkende Einkünfte der Rentenversicherung für eine 42-Stunden-Woche als Regelarbeitszeit ausgesprochen.
