Selbstmorde von Landwirten in Frankreich: Tod auf dem Bauernhof
Frankfurter Rundschau
Jedes Jahr nehmen sich in Frankreich Hunderte Landwirtinnen und Landwirte das Leben. Die Witwe Camille Beaurain bricht ein Tabu und erzählt von der Tragödie auf ihrem Gut
Vimeu – Die Windräder stehen still, nur ein paar Raben stochern in den topfebenen Äckern. Niemand da, der Auskunft geben könnte, wo Augustins Hof lag. Oder liegt, um genau zu sein: Den Hof gibt es noch, Augustin nicht mehr. Der Schweinezüchter aus der französischen Region Picardie, nördlich von Paris und unweit des Ärmelkanals, hat sich mit 31 Jahren das Leben genommen. In einer Scheune hat er sich aufgehängt, an einem Sonntagabend gegen 23 Uhr. Seiner Frau Camille sagte er, er gehe noch kurz was bei der Mühle nachschauen. So lapidar beschreibt es Camille in einem Buch namens „Tu m’as laissée en vie“ – Du hast mich lebend zurückgelassen. Der nüchterne Bericht fand ab Erscheinen ein breites Publikum. Die Thematik ist sehr verbreitet, obwohl sie gerade in den am stärksten betroffenen Landstrichen am meisten verdrängt wird. In Frankreich sind 2015, dem Jahr der letzten detaillierten Erhebung, 650 Bäuerinnen und Bauern freiwillig aus dem Leben geschieden. Im Agrarbereich liegt die Suizidrate 50 Prozent höher als in der übrigen Bevölkerung. Noch höher ist sie bei den ärmeren Bäuerinnen und Bauern, welche die Mindestkrankenversicherung beziehen. Am stärksten betroffen sind Nordfrankreich und die Picardie, das Jura und das Burgund, die Bretagne und die Auvergne. 80 Prozent derjenigen, die freiwillig aus dem Leben scheiden, sind Männer, mehrheitlich Milchbauern und Rinderzüchter.More Related News