Mal leichtfüßig, mal tiefgründig: Boy Scouts neues Album „Wayfinder“
Frankfurter Rundschau
Die kalifornische Singer-/Songwriterin navigiert souverän durch verschiedene Stile.
Den Begriff „Wayfinder“ übernahm Taylor Vick alias Boy Scouts aus Sallie Tisdales Buch „Advice for Future Corpses (and Those Who Love Them): A Practical Perspective on Death and Dying“, das mit seinem entspannten zenbuddhistischen Ansatz der unausweichlichen Tatsache des Todes den Schrecken nimmt. Was „Wayfinder“ zum perfekten Titel für das neue Album der kalifornischen Singer-/Songwriterin und Multiinstrumentalistin macht, das im Kontrast zu seinen schweren Themen nicht morbid, sondern warm und positiv klingt: „Mein ganzes Leben lang war die Musik ein wichtiger Teil meiner Identität und meiner Beziehung zur Welt“, sagt Taylor Vick, „Musikmachen war im letzten Jahr mein Wegweiser.“
Im letzten Jahr meint natürlich die Zeit der Pandemie, die wohl alle Künstlerinnen und Künstler vor enorme Herausforderungen stellte. Mitten im Lockdown beschloss Vick mit ihrem langjährigen Kollaborateur Stephen Steinbrink, an einem neuen Boy-Scouts-Album zu arbeiten – und zwar trotz aller Einschränkungen nicht zu Hause in Oakland. Die beiden bezogen die Unknown-Studios in Anacortes, Washington, und luden befreundete Musikerinnen und Musiker ein, die sich persönlich und per E-Mail anschlossen, darunter Vicks Bruder Travis und Melina Duterte von Jay Som und Bachelor.
Der Ortswechsel und der kreative Einfluss ihrer Gäste haben Boy Scouts’ früheren kammermusikalisch-intimen Ansatz geöffnet: Taylors spartanische Akustikarrangements, in denen jedes einzelne Saitenzupfen hörbar ist, wurden leuchtend hell mit Orgeln, Slide Guitar und Streichern ausstaffiert, die Vocals zu harmonischen Chören geschichtet oder prägnant in den Vordergrund gestellt wie in „Lighter“, in dem Vick ihre Stimme hopsen und Kapriolen schlagen lässt.