Israel und Libanon einigen sich auf Seegrenze
DW
Der Streit währte Jahrzehnte: Wer hat welchen Zugriff auf die Erdgasvorkommen unter dem Meeresgrund? Bei der Lösung halfen die USA als Vermittler.
Nach zweijährigen Verhandlungen mit Blick auf Gasvorkommen im Mittelmeer haben sich die Nachbarstaaten Israel und Libanon erstmals auf eine gemeinsame Seegrenze geeinigt. Der israelische Ministerpräsident Jair Lapid sprach von einer "historischen Errungenschaft". Hierdurch würden Milliarden in die eigene Wirtschaft fließen.
Das Büro des libanesischen Präsidenten Michael Aoun teilte mit, die endgültige Fassung des Abkommens wahre die Rechte des Landes an seinen Ressourcen. Chefunterhändler Elias Bu Saab bezeichnete die Einigung als "fair". Auch die vom Iran finanzierte und mit Israel verfeindete Hisbollah-Miliz, die von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft wird, habe den Bedingungen zugestimmt, meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf vertraute Personen. Die Hisbollah gilt in Beirut als maßgeblicher Machtfaktor hinter der Kulissen.
Dem Libanon soll nach israelischen Medienberichten die Erschließung des Offshore-Gasfeldes Kana ermöglicht werden. Israel behält demnach die Hoheit über das Gebiet rund um die Karisch-Gasplattform nordöstlich der Hafenstadt Haifa. Details zu dem Abkommen wurden bisher nicht bekanntgegeben.
Beobachter hatten gewarnt, ein Scheitern der Verhandlungen könne zu neuer Gewalt zwischen beiden Ländern führen, die sich offiziell noch im Kriegszustand befinden. US-Vermittler Amos Hochstein hatte die Kontrahenten stets separat getroffen; direkte Gespräche zwischen den Parteien gab es nach libanesischen Angaben nicht.
Hintergrund des jahrzehntelangen Streits ist eine umstrittene 860 Quadratkilometer große Fläche vor der Küste, die beide Seiten bislang als ausschließliche Wirtschaftszone beanspruchten. Der Konflikt um den Grenzverlauf hatte sich nach der Entdeckung großer Mengen Erdgas verschärft. Das Gas aus Israel könnte perspektivisch auch zur Linderung der Energieknappheit in Europa beitragen. Seit der russischen Invasion in der Ukraine sucht die EU verstärkt nach anderen Energielieferanten. Israel hat zugesagt, mehr Erdgas zu exportieren.