Hessen: Die Rückbaufabrik Biblis - eine Zeitreise
Frankfurter Rundschau
Ein Besuch im ehemaligen hessischen Atomkraftwerk Biblis fühlt sich an wie eine Zeitreise. Vieles sieht aus wie früher. Dabei hat sich fast alles geändert.
Die markanten Reaktorgebäude mit den riesigen Betonkuppeln und die enormen Kühltürme stehen noch. Sie werden auch dort bleiben, mindestens für die nächsten zehn Jahre, auf dem Gelände am Rhein wie an anderen deutschen AKW-Standorten.
Von außen könnte man glauben, dass sich im Atomkraftwerk Biblis nichts geändert hat. Doch das wäre weit gefehlt. Aus dem Stromproduzenten ist ein Rückbau-Unternehmen geworden. Das ist technisch kaum weniger anspruchsvoll.
Olaf Pretzsch kennt beide Seiten. Als der Ingenieur vor 16 Jahren im Kraftwerk zu arbeiten begann, ging es um den sicheren Betrieb dieser hochumstrittenen, aber im südhessischen Biblis fest verwurzelten atomtechnischen Anlage. Pretzsch wachte zeitweise als Schichtleiter über die Abläufe in dem 1974 in Betrieb genommenen Block A oder im Block B, der 1976 ans Netz gegangen war. Da war Pretzsch, heute 44 Jahre alt, noch nicht auf der Welt.
Jetzt hat Pretzsch eine ganz andere, aber gleichfalls verantwortungsvolle Aufgabe zu bewältigen. Er ist als Strahlenschutzbeauftragter für die Freigabe von freigemessenen Abfällen vom Kraftwerksgelände zuständig. Und für deren sachgerechte Entsorgung.
In einer großen Halle, in der früher alle Arten von Ersatzteilen für den Kraftwerksbetrieb lagerten, stehen jetzt jede Menge silberne Container, die hier TBV genannt werden. TB steht für Transportbehälter, das V für Vollwandstapelbehälter. Die TBV sind gefüllt mit Abfällen, mit Metall, Kunststoff, Kabeln, Rohren.