Gegenmacht erneuern
Frankfurter Rundschau
Seit 90 Jahren steht in Frankfurt das Gewerkschaftshaus. Es erzählt auch den Wandel der Rolle der Organisation.
Was für eine Wucht! Mitten zwischen die Jugendstilvillen der Wohlhabenden Frankfurts stellte die Gewerkschaft 1931 ihr Haus, ihr Hochhaus, ihr Gewerkschaftshaus auf. Der Architekt Max Taut ließ genau vor 90 Jahren im Stil der Neuen Sachlichkeit das „Haus der Besitzlosen“ in den Himmel ragen, dem jeder Anschein von Luxus zuwider war. Nur die Großmarkthalle zur Versorgung der schnell wachsenden Stadt, das Treppenhaus der Seifenfirma Mouson und der Prunkbau der damals viertgrößten Firma der Welt, der I. G. Farbenindustrie AG, waren etwas höher. Der „Anspruch zur Gegenmacht“ der Vertretung der Arbeiterklasse in einer Zeit der Massenarbeitslosigkeit, der aufsteigenden nationalistischen Verdunklung des politischen Himmels Europas hatte ein deutliches Wahrzeichen erhalten. Die Arbeit der Gewerkschaften stand zu dieser Zeit an einem ersten Erneuerungspunkt. Bis dorthin waren deren Häuser nicht nur Orte der Versammlung, um für höhere Löhne, geringere Arbeitszeiten und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu streiten. Sie waren ganz banal auch Herbergen, die den Wanderarbeitern ein Dach über dem Kopf gaben, einen Platz zum Essen, Schlafen und auch zum Kegeln und Billardspielen. Die explodierenden Mitgliederzahlen der vielen kleinen Gewerkschaften nah an den Bedürfnissen der Menschen führten zum Neubau, der bezeichnenderweise nur die Verwaltungsräume und den großen Versammlungssaal realisieren konnte.More Related News