Gedenken an Blanka Zmigrod: „Ein Stück der Würde zurück“
Frankfurter Rundschau
Rund 100 Menschen erinnern i an die am 23. Februar 1992 in Frankfurt ermordete Auschwitz-Überlebende Blanka Zmigrod. Ihre Nichte Renée Salzman, die extra aus Israel gekommen ist, erzählt aus dem Leben ihrer Tante.
Erinnerung nach 30 Jahren: Rund 100 Menschen haben am Mittwochabend im Kettenhofweg an die Auschwitz-Überlebende Blanka Zmigrod erinnert, die dort am 23. Februar 1992 von einem schwedischen Neonazi erschossen worden war. Der Frankfurter Publizist Ruben Gerczikow, der sich mit seiner Initiative „Blanka Zmigrod unvergessen“ erfolgreich für eine Gedenktafel für Zmigrod am Tatort eingesetzt hatte, hatte zu der Kundgebung eingeladen.
„Blanka Zmigrod war für mich und meinen Bruder einfach unsere Tante, die viel zu früh von uns genommen wurde“, sagte Renée Salzman, eine Nichte der Ermordeten, die extra aus Israel zu der Kundgebung angereist war. Ihr Bruder Leon Sztabelski war aus Neuss gekommen. Die 69-jährige Salzman erzählte aus dem Leben ihrer Tante, die 1924 in Chorzów als Jüdin geboren worden und von den Deutschen mit 15 Jahren in ein Ghetto und dann in mehrere Konzentrationslager, darunter Auschwitz und Bergen-Belsen, verschleppt worden war.
Nach der Befreiung war Blanka Zmigrod nach Israel emigriert. „Sie fühlte sich neu geboren in Israel“, berichtete Salzman. „Sie war eine Zionistin und liebte das Land.“ Ab 1960 lebte Zmigrod mit ihrem Lebensgefährten Sascha Feldman in Frankfurt. „Blanka war eine sehr tüchtige Frau“, sagte Salzman, mit harter Arbeit hätten sie und ihr Partner sich eine Existenz aufgebaut. „Sie war ein lebensfreudiger Mensch, die jeden Tag das Leben einfach genießen wollte.“ Die 1992 im Alter von 68 Jahren ermordete Zmigrod sei für sie eine „Ersatzmama“ gewesen, so Salzman. „Ich vermisse sie so sehr.“ Sie sei aber froh, dass heute an ihre Tante erinnert werde, sagte Salzman. „Möge Blankas Schicksal für alle eine Erinnerung sein, dass niemand in Vergessenheit gerät.“
Thomas Gutmann (Grüne), Ortsvorsteher des Ortsbeirats 2, warf die Frage auf, warum nach antisemitischen und rassistischen Taten, auch denen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU), öfter die Täter:innen statt der Opfer im Mittelpunkt des Interesses stünden. „Wie konnte Blanka Zmigrod so lange für uns verborgen bleiben?“, fragte Gutmann. Er sei Gerczikow dankbar, „dass er uns alle vor einem Jahr auf Blanka Zmigrod aufmerksam gemacht hat“.
Marc Grünbaum vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt sagte, mit der Gedenktafel und der Kundgebung zur Erinnerung werde Blanka Zmigrod „ein Stück ihrer Würde zurückgegeben“. Es sei wichtig, an Mordopfer wie Zmigrod zu erinnern, so Grünbaum. „Schweigen ist für uns keine Option.“ Bevor Rabbiner Avichai Apel zum Ende der Kundgebung ein Gebet für Zmigrod sprach, sagte Initiator Ruben Gerczikow, er wolle auch an die „blutige Kontinuität antisemitischer Gewalt“ seit 1945 erinnern. Viel zu oft seien Antisemitismus und Rassismus bei schweren Gewalttaten als Motiv nicht ernst genommen worden, hier müsse es ein Umdenken geben, forderte Gerczikow. Und: „Es ist wichtig, dass der Name Blanka Zmigrod nach 30 Jahren ein fester Bestandteil des Frankfurter Westends wird.“