Frankfurt: Oberstaatsanwalt soll an Klagen verdient haben - Lange Haftstrafe droht
Frankfurter Rundschau
Im Fall Alexander B. legt die Staatsanwaltschaft Frankfurt neue Ermittlungsergebnisse vor. Der 54-Jährige soll das Land Hessen mehr als eine halbe Million Euro gekostet haben.
Frankfurt - Im Fall des in der vergangenen Woche erneut inhaftierten Oberstaatsanwalts Alexander B. hat die Staatsanwaltschaft in Frankfurt weitere Details bekanntgegeben. Nach Auswertung zahlreicher Unterlagen, Datenträger und Mailkorrespondenzen ist die Staatsanwaltschaft davon überzeugt, dass der 54-Jährige Ermittlungsverfahren der damaligen Zentralstelle für Medizinstrafrecht „gezielt instrumentalisiert hat“, um sich „auf Kosten der hessischen Justiz Einnahmen zu verschaffen“.
Als Leiter der Zentralstelle behielt sich B. vor, Rechnungen, die er in konspirativer Weise mit privaten Dienstleistungsfirmen erstellte, als richtig abzuzeichnen und freizugeben, obwohl ihm die Unrichtigkeit bekannt war. Dabei beauftragte und rechnete B. Leistungen ab, die laut Mitteilung der Frankfurter Staatsanwaltschaft unnötig waren oder gar nicht erbracht wurden. Einige Leistungen wurden zudem doppelt abgerechnet.
Der Oberstaatsanwalt verdiente nach einer vorherigen Vereinbarung mit den privaten Unterehmen an jeder abgerechneten Stunde mit. Möglich war das über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren, weil die Generalstaatsanwaltschaft in solchen Fällen kein Vier-Augen-Prinzip hatte und weil ein gesondert verfolgter Kollege von B. die Untreuehandlungen zeitweise unterstützte.
In die Kritik geraten war das System des vermeintlichen Korruptionsbekämpfers B. auch, weil er eine Vielzahl von Leistungen an ein privates Unternehmen deligiert hatte. Die Mitarbeiterinnen der Firma wurden laut der Frankfurter Staatsanwaltschaft sogar mit der „Abfassung erheblicher Teile von Anklageschriften betraut“. So verdiente B. indirekt sogar an der Verfassung von Anklagen mit. Der bisher ermittelte Schaden für das Land Hessen liege bei 558 000 Euro. Die Staatsanwaltschaft wies abschließend noch darauf hin, dass dem Kollegen B. eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren drohe. (Oliver Teutsch)