Europa und Belarus: Im Osten planlos
Frankfurter Rundschau
Diktator Alexander Lukaschenko betreibt staatlich organisiertes Schleusertum. Er legt damit gleich ein mehrfaches Versagen der EU offen.
Menschen dürfen „niemals bloß als Mittel gebraucht“ werden. So verlangte es einst Immanuel Kant. Der große Philosoph der Aufklärung formulierte mit seinem kategorischen Imperativ ein moralisches Prinzip, das bis heute eine zentrale Wertebasis europäischen, westlichen Denkens bildet. In der Migrationskrise an den EU-Außengrenzen zu Belarus gerät dieses Fundament derzeit ins Wanken. Verantwortlich dafür ist Diktator Alexander Lukaschenko. Er benutzt Menschen ausschließlich als Mittel, indem er Notleidende aus Afghanistan, Syrien oder dem Irak einfliegen lässt, um sie Richtung EU zu schicken und auf diese Weise Druck auszuüben. Das ist nicht nur unmoralisch, sondern zutiefst menschenverachtend. Zugleich ist es Ausdruck jener verbrecherischen Geisteshaltung, die der Machthaber in Minsk nach der gefälschten Präsidentschaftswahl 2020 auch gegenüber der eigenen Bevölkerung offenbart hat. Er ließ prügeln, foltern und töten – und stellte seine eigene Gewissenlosigkeit auf diese Weise immer wieder zur Schau. All das befreit das aufgeklärte Europa allerdings nicht von der kantischen Pflicht zum moralischen Handeln. Unrecht mit Unrecht zu beantworten, kann keine Option sein, sonst verraten wir uns selbst. Doch was heißt das konkret für die Politik, mit der die EU auf Lukaschenkos Erpressungsversuche reagieren sollte? Klar ist: Wer Terroristen nachgibt, hat schon verloren. Und das gilt auch für Terroristen im Präsidentenamt, wie Lukaschenko einer ist. Undenkbar ist es deshalb, die Sanktionen gegen das Regime in Minsk zu lockern, um den Diktator zum Einlenken zu bewegen.More Related News