
EuGH kippt Vorratsdatenspeicherung in Deutschland
DW
In der Koalition dürfte das Urteil für neuen Zwist sorgen. Denn die Ampelparteien vertreten in der Angelegenheit höchst unterschiedliche Positionen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in Deutschland für unzulässig erklärt. Die Regelungen verstießen im Wesentlichen gegen EU-Recht, erklärten die Richter. Wenn es nicht um die Verteidigung der nationalen Sicherheit gehe, sei eine Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten im Bereich der elektronischen Kommunikation nur in engen Schranken möglich. Unabhängig von einer zeitlichen Begrenzung stelle der Zugang zu solchen Informationen einen schwerwiegenden Eingriff in Grundrechte dar, da sich sehr genaue Rückschlüsse auf das Privatleben ziehen und individuelle Profile betroffener Personen erstellen ließen.
Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität könnten die Mitgliedstaaten jedoch "unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit insbesondere eine gezielte Vorratsspeicherung und/oder umgehende Sicherung solcher Daten sowie eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von IP-Adressen vorsehen", so das Gericht.
Hintergrund des Urteils ist ein Rechtsstreit der Bundesnetzagentur mit dem Internetprovider SpaceNet und der Telekom, die gegen die Speicherpflicht im Telekommunikationsgesetz vorgegangen waren. Die Bundesnetzagentur hatte die Regelung bereits 2017 auf Eis gelegt, nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden hatte, dass SpaceNet nicht zur Speicherung der Daten verpflichtet werden darf - wenige Tage, bevor die neue Regel hätte in Kraft treten sollen. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Sache dem EuGH vor.
In der rot-grün-gelben Regierungskoalition dürfte das Luxemburger Urteil für weiteren Zwist sorgen. Denn die Vorratsdatenspeicherung ist unter den Koalitionspartnern hoch umstritten. Es geht um die Frage, ob Internetprovider und Telekommunikationsanbieter die Daten ihrer Kunden - also beispielsweise IP-Adressen und Rufnummern - für den Zugriff von Behörden speichern müssen. Das sieht das Telekommunikationsgesetz vor, das derzeit auf Eis liegt.
Während Sicherheitspolitiker darin ein zentrales Instrument im Kampf gegen organisierte Kriminalität, Kinderpornografie und Terrorismus sehen, sprechen Bürgerrechtler und Verbraucherschützer von einem unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre. In den Koalitionsverhandlungen hatte die FDP mit Macht auf eine Vereinbarung zur Abkehr von der Vorratsdatenspeicherung gedrungen. Die Grünen sehen dieses Instrument ebenfalls kritisch.
