Enttäuschung über Entwicklungspolitik der Ampel-Koalition: Ideenlos und uninteressiert
Frankfurter Rundschau
Es ist enttäuschend, dass die Ampel-Koalition die Entwicklungspolitik so stiefmütterlich behandelt. Besonders SPD und Grünen sollte das Thema wichtig sein.
Berlin – Über die Zusammenarbeit mit den Ländern in Afrika, Lateinamerika und in Asien scheinen sich SPD, Grüne und FDP bislang nicht allzu viele Gedanken gemacht zu haben. Zumindest hinterlässt ihr Koalitionsvertrag diesen Eindruck. Spärlich und nichtssagend wird die Entwicklungspolitik darin auf zweieinhalb Seiten abgehandelt. Es fehlt eine grundsätzliche Idee. Das war vor vier Jahren anders: Im Regierungsabkommen zwischen CDU/CSU und SPD steckte deutlich mehr Sachverstand. In der Entwicklungszusammenarbeit sollte verstärkt auf Privatkapital gesetzt werden, hieß es darin. Das mag die falsche Idee gewesen sein, aber immerhin war es eine.
Beispiel Zuwanderung: Im Koalitionsvertrag der Ampel steht, es sollen neue Wege für legale Arbeitsmigration geschaffen werden. Das ist gut. Aber es fehlt der Mut, möglicherweise auch bloß die Fantasie, eine solche neue Migrationspolitik als wichtigen Pfeiler künftiger Beziehungen zu Afrika zu skizzieren. Wo im Koalitionsvertrag von Migration die Rede ist, kommt Afrika nicht vor, und wo von Afrika die Rede ist, spielt Migration keine Rolle.
Dass die neue Regierung die Entwicklungspolitik so stiefmütterlich behandelt, ist enttäuschend. Denn mit der SPD und den Grünen sind jetzt zwei Parteien an der Macht, denen das Engagement für internationale Solidarität und eine sozial- und umweltverträgliche globale Ordnung mal sehr wichtig war.
Das betont auch die neue Entwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD. Sie hat an die entwicklungspolitische Tradition der Sozialdemokraten erinnert, für die etwa Willy Brandt und Schulzes Vorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sowie ihr Vorgänger Erhard Eppler stehen. Alle drei haben sich für eine Politik gegenüber den Ländern des globalen Südens eingesetzt, die nicht nur Almosen verteilt, sondern ungerechte politische und wirtschaftliche Strukturen umgestalten will.
Es wäre schön, Schulze würde daran anknüpfen und sich in der neuen Regierung für eine starke Entwicklungspolitik engagieren. Jüngst hat sie bereits kritisiert, ihr Ministerium sei mittelfristig hoffnungslos unterfinanziert; so könne Deutschland seiner Rolle in der Welt nicht gerecht werden. Dafür ist vor allem der Finanzminister der letzten Regierung verantwortlich, Schulzes neuer Chef: Bundeskanzler Olaf Scholz.