Ein Querdenker, wenn die Bezeichnung nicht so verdorben wäre
Die Welt
In Italien galt Emilio Vedova einmal als das Maß aller Dinge. Den Deutschen war seine Kunst zu unangepasst. Außer einem Maler, der sich früh von ihm inspiriert fühlte und heute weltberühmt ist.
Man käme nicht gleich auf die Idee zu sagen, es sei das Werk der Stunde. Wo sich per Smartphone-App nie gesehene Farb-und-Form-Räusche animieren lassen, müssen Bilder, denen man ihr fern erlittenes Entstehen ansieht, wie aus der Zeit gefallen anmuten: anachronistisch, lebensweltlich überholt. Nur was kann man dafür, dass man wieder mal vor Emilio Vedovas abgründiger Graumalerei steht, just als alle Zeitungen von ihren Ersterfahrungen mit der unfassbaren ChatGPT-Intelligenz berichten?
Wahr ist ja schon: Millionen von abrufbaren Datensätzen sind im Künstlergehirn nicht gespeichert. Doch die obsessive Dichte, zu der die verfügbaren und unverfügbaren In-Bilder verschmelzen, erreicht keine KI. Als wir in den 1980er-Jahren den italienischen Künstler in seinem venezianischen Atelier besucht haben, stand er – groß gewachsen – vor einer viel größer gewachsenen Leinwand, und es sah aus, als habe er sich eben durch ein Brombeergestrüpp gekämpft.