Ein Blick in die Tiefe der Persönlichkeit von Elizabeth II.
Die Welt
Für Elizabeth II. war 2021 ein schweres Jahr, auch, weil sie ihren Ehemann Prinz Philip verloren hat. Warum bleibt sie optimistisch? Queen-Biograf Thomas Kielinger über eine Unverwüstliche.
Tief im Geäst unserer Psyche verrichtet die Pandemie ihr schattenhaftes Werk. Wie die Gesellschaften mit diesem Feind fertig werden, ist ein noch ungesichertes Feld. Wissenschaftler liefern sich Gefechte um Ursache und Heilung, die Politik experimentiert mit tastenden Schritten, die Bürger fühlen schwindenden Halt, spekulieren über die Zukunft, hilflos blinzelnd.
Da ist bemerkenswert, was am Nachmittag des ersten Weihnachtstags über das britische Fernsehen lief: eine 95-jährige Frau, gesammelt in den Furchen ihres Alters, die Augen unverwandt fest, legt ein persönliches Bekenntnis ab, entschlägt sich jeder salbungsvollen Sprache, spricht über die Fakten des Daseins: „Obwohl es für viele eine Zeit großer Freude und Fröhlichkeit ist, kann Weihnachten schwierig sein für diejenigen, die geliebte Menschen verloren haben. Besonders in diesem Jahr verstehe ich, warum.“ Für die britische Monarchin Elizabeth II. hat dieser Blick in die Tiefe ihrer Persönlichkeit Seltenheitswert. Gewohnt, die Krisen des Lebens mit jenem Stoizismus zu beantworten, den wir gerne mit dem britischen Charakter in Verbindung bringen, lässt sie das Ritual der Bewältigung – „Keep calm and carry on“ – fallen und wendet sich in direkter Sprache dem großen Verlust zu, den sie in diesem Jahr erlitten hat, den Tod ihres Mannes Prinz Philip nach 73 Ehejahren.