Ehemaliger griechischer Chef-Statistiker siegt vor Gericht
DW
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Griechenland wegen des Dauerstreits mit seinem ehemaligen Chef-Statistiker Andreas Georgiou verurteilt. Späte Genugtuung für einen ehrlichen Staatsdiener.
Die griechische Schuldenkrise ist vorbei, aber die Debatte nicht aus der Welt: Wer übernimmt die Verantwortung für die Wirtschaftsmisere Griechenlands in den vergangenen Jahren? Viele glauben, dass die sozialistische Partei PASOK die Hauptverantwortung trägt. Schließlich hat der Parteigründer und langjährige Regierungschef Andreas Papandreou der EU so viel Geld abgetrotzt wie sonst niemand - und einen Großteil davon für Wahlgeschenke ausgegeben.
Andere sehen die Schuld beim einstigen konservativen Hoffnungsträger Kostas Karamanlis. Er hat Griechenland von 2004 bis 2009 regiert und in dieser Zeit das Staatsdefizit fast verdoppelt, um die eigene Wählerklientel zu beglücken.
Und dann gibt es jene, die nicht den Verursacher, sondern den Überbringer schlechter Nachrichten an den Pranger stellen. Für sie liegt die Schuld ausgerechnet bei dem Mann, der die Wahrheit offengelegt und nach Brüssel gemeldet hat.
Dieser Mann heißt Andreas Georgiou. Sein Handwerk hat er unter anderem beim Internationalen Währungsfonds (IWF) gelernt. Als Chef der griechischen Statistik-Behörde ELSTAT im Zeitraum 2010-2015 korrigierte Georgiou die Defizitzahlen deutlich nach oben. Damit brach er mit der Tradition der "Greek statistics", der geschönten Haushaltszahlen. Daraufhin wurde er immer wieder als "Nestbeschmutzer" beschimpft. Aus Angst vor juristischer Verfolgung musste der Ökonom seine Heimat verlassen und lebt heute in den USA.
Zum Prozess kam es trotzdem. Von dem Vorwurf falscher Aussagen zum Defizit wurde Georgiou immerhin freigesprochen. Doch im Sommer 2017 bekam er in einem weiteren Gerichtsverfahren eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung - wegen Pflichtverletzung im Amt. Seitdem kämpft Georgiou um seine Reputation.