
"Die Türkei ist eine gruselige Zwiebel"
n-tv
Mit der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoğlu habe der türkische Präsident Erdoğan "die letzte demokratische Hoffnung vernichtet", sagt der türkische Journalist Bülent Mumay im Interview mit ntv.de. Vom Westen verlangt er, Menschenrechtsverletzungen in der Türkei immer wieder anzuprangern. Hoffnung macht Mumay ein Blick auf die Strategie der Imamoğlu-Partei CHP.
ntv.de: Herr Mumay, in einer Ihrer ersten FAZ-Kolumnen schrieben Sie im Jahr 2016, unter Recep Tayyip Erdoğan sei die Türkei "wie eine Melone politisch auseinandergeschlagen worden". Mit welcher Frucht würden Sie heute den politischen Zustand des Landes vergleichen?
Bülent Mumay: Die Türkei ist keine Frucht mehr, sondern eine Zwiebel. Eine gruselige Zwiebel, die einen nur noch weinen lässt. Wir Türken sind eigentlich eine sehr humorvolle Gesellschaft, die Freude am Leben hat. Aber seit einigen Jahren haben wir unsere Leichtigkeit verloren. Wir hatten in der Gesellschaft viele Gemeinsamkeiten, wir hatten Institutionen, die sich für die gesamte Gesellschaft zuständig fühlten. Aber seit Erdoğans Reise von der Demokratie zur Autokratie fühlen sich die Menschen weniger loyal gegenüber Regierung und Gesellschaft. Denn der Präsident hat den Staat auf sich zugeschnitten; es gibt keine Gewaltenteilung mehr. Der Staat ist der Palast - der Palast ist der Staat.
Sehen Sie nur noch schwarz für die Zukunft des Landes?
