Das verstörende Versagen des FC Bayern
n-tv
Was war denn da los? Nun, das wissen sie beim FC Bayern selbst nicht so genau. In einer völlig verrückten ersten Halbzeit wird das Team von Julian Nagelsmann vom VfL Bochum phasenweise vorgeführt. Der Coach nimmt die Schuld auf sich, Joshua Kimmich zählt das Team an.
Tore, die sind beim VfL Bochum eher etwas Besonderes. Nicht nur, weil sie deutlich seltener fallen als bei den meisten anderen Bundesligisten, sondern vor allem, weil ihr Werdegang zu einer Kunstform oft nahe an der Übertreibung sind. Milos Pantovic etwa, der nagelt die Bälle mit großer Vorliebe aus 50 Metern oder mehr auf den Kasten des Gegners. Zur Abwechslung kann er es auch mit wunderbaren Lupfern. Gerrit Holtmann erledigt die Dinge eher mit Tempo und Dribbling. Gegen den FSV Mainz 05 hatte er Anfang der Saison so große Freude an seinem Werk, dass er die halbe Mannschaft auf dem halben Platz ausfummelte, um dann auch noch souverän zu vollenden. Dabei sagen sie über Holtmann beim VfL eigentlich, dass er gern etwas effektiver werden dürfte.
Wie effektiv dieser Holtmann sein kann, wenn er mal richtig die Glut schürt, das bekam am Samstagnachmittag der FC Bayern serviert. In einem wilden Temporausch donnerte der Aufsteiger in Hälfte eins über den, nun ja, völlig überforderten Rekordmeister hinweg. Nach 45 Minuten leuchtete tatsächlich ein 4:1 (Endstand 4:2) an der Anzeigetafel auf. Das ist gleich doppelt bedeutsam. Denn zu Beginn dieses phänomenalen Fußballspiels war der Strom ausgefallen. Kein Pilsken für die Fans, keine Bratwurst. Und kein Herbert. Die Stadionboxen schwiegen. Damit auch Grönemeyer. Kein "Bochum" für Bochum. Man kann Menschen außerhalb des blau-weißen Kosmos wohl nur sehr schwer begreiflich machen, was das eigentlich für ein Drama ist.
Und dann war da selbstredend noch die Wucht des Resultats. Mindestens vier Gegentore für den FC Bayern in einer Halbzeit, die hatte zuletzt Eintracht Frankfurt in der Saison 1975/76 verursacht (es waren sogar fünf). Für die Münchner standen damals unter anderem Franz Beckenbauer, "Katsche" Schwarzenbeck, "Bulle" Roth und Karl-Heinz Rummenigge auf dem Feld. 46 und ein halbes Jahr ist das her. Man erkennt durchaus die historische Dimension dieses Samstagnachmittags.
Der VfL Bochum hat geschafft, was ihm niemand zugetraut hat: Trotz der 0:3-Niederlage im Relegationshinspiel den Abstieg aus der Bundesliga noch zu verhindern. Doch im Rückspiel bei Fortuna Düsseldorf wächst der Revierklub über sich hinaus, geht nach 70 Minuten mit 3:0 in Führung. Danach fallen keine Tore mehr aus dem Spiel - und im Elfmeterschießen vollbringt der VfL das Wunder.
Vor zwölf Jahren stand die Düsseldorfer Fortuna schon einmal in der Relegation. Und gerade die zweite Partie ist bis heute legendär. Denn als plötzlich ein Mann noch vor Abpfiff des Spiels auf dem Rasen hockte und einen der beiden Elfmeterpunkte aus dem Grün herausschnitt, dachte nicht nur der alte Fuchs Otto Rehhagel, er wäre im falschen Film!