Belgien und Iran: umstrittener Gefangenenaustausch
DW
Ein Entwicklungshelfer gegen einen Terroristen. Unter Vermittlung des Golfstaates Oman vollzogen die Regierungen in Brüssel und Teheran einen lange geplanten Austausch der beiden Männer.
Nach mehr als einem Jahr Haft im Iran ist der belgische Entwicklungshelfer Olivier Vandecasteele auf dem Weg in seine Heimat, wie das belgische Außenministerium per Twitter mitteilte. Belgiens Regierungschef Alexander De Croo dankte der Familie Vandecasteeles und "allen anderen", die sich 455 Tage lang für ihn eingesetzt hätten. Seine Haftbedingungen seien "unerträglich" gewesen. Nach Angaben der Familie verschlechterte sich die Gesundheit des 42-jährigen humanitären Helfers zuletzt deutlich.
Vandecasteele war im Februar 2022 im Iran festgenommen worden. Wegen "Spionage gegen die Islamische Republik" wurde er zu 40 Jahren Gefängnis und 74 Peitschenhieben verurteilt und sollte davon mindestens zwölf Jahre absitzen. Ihm wurden insbesondere Spionage und Kooperation mit dem Erzfeind USA sowie Geldschmuggel vorgeworfen.
Im Gegenzug für das Freikommen des Entwicklungshelfers ließ die belgische Regierung den wegen Terrorvorwürfen verurteilten iranischen Diplomaten Assadollah Assadi auf freien Fuß setzen, wie Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian bestätigte. Der 2018 in Deutschland festgenommene Assadi war 2021 von einem Gericht in Antwerpen zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, weil er einen Sprengstoffanschlag auf eine Großkundgebung von iranischen Exil-Oppositionellen in Frankreich geplant haben soll.
Die iranische Regierung hatte bereits gegen die Festnahme von Assadi in Deutschland heftig protestiert, weil der Mann zum Tatzeitpunkt an der iranischen Botschaft in Wien als Diplomat akkreditiert war. Am 1. Juli 2018 war er an einer Autobahnraststätte bei Aschaffenburg in Bayern verhaftet und dann von Deutschland an Belgien übergeben worden. Die Bundesanwaltschaft erwirkte gegen Assadi einen Haftbefehl unter anderem wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Verabredung zum Mord.
Brisant ist der Fall, weil der 51 Jahre alte Assadi den Ermittlungen zufolge Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes war, zu dessen Aufgaben die Beobachtung und Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen innerhalb und außerhalb des Irans gehört. Es wird deswegen nicht ausgeschlossen, dass den Anschlagsplänen in Frankreich ein direkter staatlicher Auftrag zugrunde lag.