Aufgehängte Erdogan-Puppe: Schweden verzichtet auf Ermittlungen
Frankfurter Rundschau
Die schwedische Staatsanwaltschaft lehnt Ermittlungen im Falle der bei einer Protestaktion aufgehängten Erdogan-Puppe ab. Damit droht neuer Ärger mit Ankara.
Stockholm - Wegen einer umstrittenen Protestaktion in Stockholm drohen erneut Spannungen zwischen der Türkei und Schweden. Die schwedische Staatsanwaltschaft will in der Angelegenheit vorerst keine Ermittlungen aufnehmen. Der Stockholmer Staatsanwalt Lucas Eriksson teilte am Montag (16. Januar) der Deutschen Presse-Agentur mit, keine Voruntersuchungen einzuleiten. Der Zeitung Aftonbladet hatte er zuvor gesagt, er denke nicht, dass es sich bei der Aktion um Verleumdung handeln könnte.
Zu neuem Zwist zwischen beiden Staaten hatte vergangene Woche eine Protestaktion in der Nähe des Stockholmer Rathauses geführt: Aktivist:innen hatten dort eine Puppe an den Füßen aufgehängt, die dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ähnelte. Sie gehörten zu einer schwedischen Organisation, die sich selbst als „ein Netzwerk für Solidarität und Austausch mit der revolutionären Bewegung in ganz Kurdistan“ bezeichnet. Die türkische Regierung reagierte wütend, bestellte den Botschafter ein und sagte einen Besuch des schwedischen Parlamentspräsidenten in Ankara ab.
Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson und sein Außenminister Tobias Billström hatten die Aktion ebenfalls verurteilt. Hinsichtlich der Nato-Aufnahme sagte er auf einer Pressekonferenz mit EU-Ratspräsident Charles Michel in Stockholm, er sei weiterhin sehr überzeugt, dass Schweden „früher oder später“ Nato-Mitglied werde. Vermutungen über den genauen Zeitpunkt wollte er aber nicht anstellen.
Dagegen gibt es immer mehr Kritik an der Blockade für einen Nato-Beitritt durch Ankara sowie die zögerliche Haltung der schwedischen Regierung. „Schwedische Minister rennen heute wie eifrige Hundewelpen los, um Erdogan in allen erdenklichen Fragen entgegenzukommen“, schrieb die liberale schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter in Stockholm in einem Kommentar zur anhaltenden türkischen Blockade der Nato-Aufnahme Schwedens und Finnlands.
„Schweden kann Zugeständnis um Zugeständnis machen, aber je mehr wir nachgeben, desto stärker wird Erdogan Druck machen. Wir haben nichts zu bieten, was ihm Anlass zum Nachgeben gibt, außer Dingen, die mit der schwedischen Demokratie und Rechtstradition unvereinbar sind. Wie die Auslieferung von Regimegegnern, harte Maßnahmen gegen schwedische Kurden und eine erstickte Meinungsfreiheit.“, so die schwedische Zeitung.