Afghanistan: Die Fehler der USA im Konflikt mit den Taliban
Frankfurter Rundschau
Über 20 Jahre waren die US-Truppen im Afghanistan-Einsatz: Nach dem plötzlichen Abzug folgt die Bilanz. Warum sind die USA in Afghanistan gescheitert?
Washington - Es ist des Öfteren von mangelnder Kampfmoral die Rede - doch schnell stellte sich heraus, dass das US-Verteidigungsministerium über die Jahre gravierende Fehler beim Aufbau der afghanischen Streitkräfte gemacht hat. Die US-Regierung überschätzte die Kampffähigkeit der afghanischen Armee. Die erste Fehlkalkulation zeigte sich bereits im Aufbau der Armee: 83 Milliarden investierte das US-Verteidigungsministerium in die Streitkräfte. Doch die Hightech-Ausstattung in Form von Flugzeugen, Hubschraubern, Drohnen, gepanzerten Fahrzeugen, Nachtsicht-Geräten und einem Black-Hawk-Kampfhubschrauber war wohl etwas zu viel für ein Land, das lediglich zu 30 Prozent über Stromversorgung verfügt. Hinzu kommt, dass viele der afghanischen Soldaten Analphabeten sind und die Funktionsweisen der modernen Geräte gar nicht verstehen. Letztlich sind viele der Soldaten im Grunde nicht in der Lage, Widerstand zu leisten. Kritik kommt vom US-Generalinspekteur für den Wiederaufbau von Afghanistan. John Sopko meint, dass die afghanische Armee überschätzt worden sei. Angeblich standen den 70.000 Taliban-Anhängern 300.000 Armee-Angehörige gegenüber. Doch die Realität sieht anders aus: 115.000 Kräfte gehörten der Polizei oder dem Sicherheitspersonal an. Von den 185.000 Soldaten waren gleichzeitlich 60 Prozent für den Kampf ausgebildet. Lediglich 96.000 Soldaten waren voll kampffähig. Aber auch diese Rechnung ist zu großzügig: Viele der 96.000 Kräfte waren Deserteure. Jedes Jahr ersetzte das afghanische Militär 25 Prozent seiner Armee wegen Fahnenflucht.More Related News