„Der sieht aus wie Nosferatu“: Ist Prigoschin für Putin eine Marionette zum Machterhalt?
Frankfurter Rundschau
Die Kreml-Unsicherheit nimmt zu, während sich Putin-Vertraute streiten. Um seine Macht zu behalten, könnte Prigoschin als Spielfigur dienen – oder aber seine Macht bedrohen.
Moskau – Die Stimmung in Putins engstem Kreis kippt. Streitigkeiten zwischen der Wagner-Gruppe von Jewgeni Prigoschin und der russischen Armee nehmen im Laufe des Ukraine-Kriegs deutlich zu. Auch das Verhältnis zwischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu und dem Söldner-Chef scheint zu eskalieren. Der einflussreiche Geschäftsmann gilt als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin – möglicherweise zu einem bestimmten Zweck.
Organisationen wie die Wagner-Gruppe diskutieren inzwischen offen, ob der Kremlchef nicht allmählich das Gewaltmonopol verliere. Von einer „Paramilitarisierung“ in Russland ist bei westlichen Geheimdiensten bereits die Rede. So habe Putin den Verdacht, dass es alle auf in abgesehen hätten. „Er hat gesehen, was mit Saddam Hussein im Irak und mit Muammar al-Ghaddafi in Libyen geschah, und glaubt, die USA drängten überall auf einen Regimewechsel. Das beschäftigt ihn vermutlich 24 Stunden am Tag“, erklärt die Sicherheitsexpertin Fiona Hill im Interview mit Stern.
Die strengen Strafen gegen Oppositionellen deuten auf große Unsicherheit des Kremls hin. An der Stelle komme der Wagner-Chef ins Spiel – Putin wolle so seine Macht erhalten. Leute wie Prigoschin sollen den Menschen Angst machen: „Sehen Sie den an – der sieht aus wie Nosferatu. Putin will uns damit sagen: Das erwartet euch, wenn ihr mich beseitigt.“ So wirkt der russische Präsident fast wie die sympathischere und wenn nicht sogar harmlosere Wahl.
Ein Putsch sei trotzdem nicht ausgeschlossen. Außerdem verhelfe Prigoschin nicht bei der gemeinsamen Umsetzung von Putins Plänen. „Der Chef der Wagner-Gruppe äußert sich gerade sehr offen und kritisch über Putins Strategie“, so die Sicherheitsexpertin. Trotzdem betonte Progoschin nach Ablehnung der Schiogu-Verträge, dass er sich mit Blick auf die Befehlsgewalt den russischen Präsidenten als Oberbefehlshaber und den Interessen Russlands unterordne. Laut Politologin Tatjana Stanowaja habe Prigoschin jedoch revolutionäre Ansichten. „Der Krieg bringt Monster hervor, deren Rücksichtslosigkeit und Verzweiflung eine Herausforderung für den Staat darstellen können“, sagte sie der dpa. Die kleinste Schwäche könne das System kippen. Dennoch sei Putin noch verhältnismäßig stark, um seine Macht zu halten. (hk)