„China lernt gerade enorm viel von Russland“
Die Welt
Ein kleines Büro in Vilnius lässt Litauen Chinas ganzen Zorn spüren. Hier wirbt Taiwans Repräsentant Eric Huang für eine neue China-Politik Europas. Im Interview erklärt er, welche Erkenntnisse sich aus dem Ukraine-Krieg für eine drohende Invasion ableiten lassen.
Eine gemütliche Couch, ein aparter Blick über Vilnius: besucht man den taiwanesischen Repräsentanten Eric Huang in seinem Büro im 16. Stock eines unscheinbaren Bürogebäudes, hat man nicht das Gefühl sich an einem der brisantesten Orte Litauens zu befinden. Tatsächlich schäumte Peking vor Wut, als Taiwan hier im Herbst 2021 das „Taiwanesische Repräsentationsbüro“ eröffnete. Normalerweise tragen Taiwans Vertretungen in Europa nur den Namen der Hauptstadt Taipeh. Dass Litauen eine andere Bezeichnung zuließ, wurde als klarer Bruch mit der „Ein-China-Politik“ gewertet und mit massiven Sanktionen bestraft.
Ein Jahr nach Russlands Invasion in die Ukraine steht Litauen nun an zwei Fronten unter Druck – zusätzlich zum Ärger mit China lebt die frühere Besatzungsmacht Russland nebenan seine imperialen Machtfantasien aus. In Vilnius, 30 Kilometer von der Nato-Ostflanke entfernt, beobachtet man das mit Argwohn. Aber warum scheut man hier nicht die Konfrontation mit den Großmächten?