Zum Geburtstag von Jürgen Böttcher: Im Pinselstrichgewitter
Frankfurter Rundschau
Der Maler und Filmemacher Strawalde alias Jürgen Böttcher wird 90
Die Doppelbegabung von Strawalde alias Jürgen Böttcher gab zumindest in den vergangenen 31 Jahren im Westen des wiedervereinigten Deutschlands und beim jungen Publikum amüsanten Anlass zu Verwirrung und Missverständnissen. Böttcher, der Pionier des experimentellen DDR-Dokumentarfilmes, und Strawalde, der Maler berückender, sinnlicher Frauenbildnisse sind ein und derselbe – der, den seine Umgebung und die Kritik einhellig einen „kreativen Vulkan“ nennen. In beiden Disziplinen war und blieb Böttcher, der sich als an der Dresdner Kunsthochschule ausgebildeter Maler nach seinem Oberlausitzer Heimatort Strahwalde benannte (nur ohne „h“), als Filmer aber den bürgerlichen Namen beibehielt, schon immer unangepasst und beeinflusste mit seinem Mut zum Experiment jüngere Künstler. Inhaltlich wie formal sind seine Filme bis heute wegweisend, denn sie suchen im Alltäglichen Lebens-Sinn und Schönheit. Seine Protagonisten sind immer die „Kleinen Leute“, die von nebenan: Küchenfrauen, Wäscherinnen, Stahlarbeiter, Rangierer. Im Defa-Dokfilm „Drei von Vielen“, 1961, näherte sich der Absolvent der Filmhochschule Babelsberg jungen Arbeitern, die sich der Kunst und einer alternativen Lebensweise verschrieben hatten. Der Film wurde in der DDR verboten, wie auch Böttchers einziger Spielfilm „Jahrgang 45“, Szenen einer Ehe im Berliner Hinterhof und in realsozialistischen Zwängen.More Related News