Zuckerbrot und Peitsche
Frankfurter Rundschau
Offenbar hat der zu Saisonbeginn schwächelnde Leroy Sané seine Lehren gezogen: Beim 4:0-Sieg der Überbayern bei Benfica Lissabon war er der beste Mann auf dem Platz. Ein Kommentar
Es ist nicht ganz so einfach. Leroy Sané tief in die Seele zu blicken. Der hochbegabte Offensivspieler versteht es, auch negative Emotionen hinter handelsüblicher Rhetorik eines Fußballprofis zu verhüllen. Genau zwei Monate ist es her, als der passionierte Tempodribbler im Heimspiel gegen den 1. FC Köln derart teilnahmslos übers Spielfeld huschte, dass Trainer Julian Nagelsmann ihn zur Pause schon in der Kabine beließ. Sané wurde mit Buhrufen und Pfiffen in die Kabine verabschiedet. Als sein Name bei der Auswechslung genannt wurde, gab es höhnischen Beifall.
Schon während der Europameisterschaft war der 25-Jährige vom Publikum bald als Buhmann auserkoren worden. Es lief nicht gut bei ihm und im ganzen Team. Sané wurde zur Symbolfigur des Scheiterns. Beim Achtelfinalaus in England taugte er bloß noch zum spät eingewechselten, wirkungslosen Ersatzmann. Er verließ Wembley mit hängenden Schultern.
Es hätten sich also leicht ein paar Argumente finden lassen können, warum Leroy Sané den Herbstblues hätte. Hat er aber nicht, sondern ganz im Gegenteil. Er ist seit ein paar Wochen schon ein außergewöhnlich guter Spieler des an guten Spielern reich gesegneten FC Bayern. Und auch in der deutschen Nationalmannschaft: Beim WM-Qualifikationsspiel neulich in Hamburg gegen Rumänien fiel Sané mehrfach auf, als er sich schon verloren geglaubte Bälle unter größten Mühen zurückeroberte. Es gab einmal sogar Szenenapplaus dafür.