Zehn Mal zu Recht verweigert
Süddeutsche Zeitung
Baseballer Barry Bonds wird verdächtigt, während seiner illustren Karriere gedopt zu haben - überführt wurde er nie. Nun übernehmen die Hall-of-Fame-Wähler jene Verantwortung, der sich die Liga immer wieder entzieht.
Barry Bonds wird nicht in die Hall of Fame aufgenommen. Die Baseball Writers' Association of America verweigerte ihm zum zehnten und damit letzten Mal nacheinander die dafür notwendige Zustimmung von 75 Prozent; diesmal bekam er zwei Drittel der Stimmen. Die Verewigung in der Ruhmeshalle - ja, sie nennen das tatsächlich Enshrinement - ist die letzte Stufe der Heldenverehrung im amerikanischen Sport, und einem der besten Baseballspieler der Geschichte bleibt sie verwehrt, weil er während seiner illustren Karriere mit leistungsfördernden Mitteln nachgeholfen haben soll.
Man könnte nun sagen: Och, wen interessiert die Meinung von 350 Sportjournalisten? In allen Geschichtsbüchern sind Bonds' Rekorde - der wichtigste: 762 Homeruns, mehr als jeder andere - auch weiterhin vermerkt; ohne Sternchen, es gab ja nie einen positiven Dopingtest. Die San Francisco Giants vergeben seine Rückennummer (25) nicht mehr. Man könnte auch sagen: Was ist denn aus der Unschuldsvermutung geworden?
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Selbst juristische Urteile gegen Bonds, wegen Falschaussage zum Beispiel, sind zurückgenommen worden. Und man könnte sagen: So viele haben gedopt während der so genannten Steroid Era im Baseball, Bonds war unter allen immer noch der Beste. Und: Wer kriegt im aktuellen politisch-gesellschaftlichen Klima noch eine Dreiviertelmehrheit für irgendwas?
Man könnte allerdings auch sagen: Die Hall-of-Fame-Wähler übernehmen jene Verantwortung, der sich die Profiliga Major League Baseball (MLB) entzogen hat. Sprinterin Marion Jones musste wegen ähnlicher Vergehen drei olympische Goldmedaillen zurückgeben - die MLB aber verarbeitete einen der größten Dopingskandale der Sportgeschichte routiniert.