Wo die Grenzen der präventiven Selbstverteidigung liegen
Die Welt
Israels Militärschlag hat eine völkerrechtliche Debatte entfacht. Angesichts des sich schließenden Zeitfensters für einen Stopp des iranischen Atomprogramms könne der Angriff durchaus unter das Recht zur Selbstverteidigung fallen, schreibt Völkerrechtler Matthias Herdegen – unter einer Bedingung.
Israels Militärschlag hat eine völkerrechtliche Debatte entfacht. Angesichts des sich schließenden Zeitfensters für einen Stopp des iranischen Atomprogramms könne der Angriff durchaus unter das Recht zur Selbstverteidigung fallen, schreibt Völkerrechtler Matthias Herdegen – unter einer Bedingung. Seit dem Zweiten Weltkrieg gilt die Bändigung des „Rechts zum Krieg“ als Eckpfeiler unserer Weltordnung. Die UN-Charta hat das Gewaltmonopol in die Hände des Sicherheitsrats gelegt und öffnet bis zum Einschreiten dieses Weltdirektoriums das Fenster für Selbstverteidigung nur für den Fall eines „bewaffneten Angriffs“. Wann immer der Sicherheitsrat – wie in allen großen Konflikten – durch Dissens der fünf Vetomächte blockiert ist, lenkt sich der Blick auf ebendieses Fenster der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung. Der Militärschlag Israels gegen die Atomanlagen Irans und andere militärische Ziele lässt mit voller Wucht die Frage aufbrechen, wann sich das Zeitfenster für Selbstverteidigung gegen einen Überfall öffnet. Die schroffe Kritik deutscher Völkerrechtler an diesem Präventivschlag kontrastiert mit der Bekräftigung des israelischen Selbstverteidigungsrechts durch die G 7. Dabei sind Deutschland und andere westliche Staaten als Partner, ja Bürgen der israelischen Sicherheit und Lieferanten von Waffen zur völkervertraglichen Vergewisserung auch der eigenen Rolle angehalten. Die militärische Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat die zeitliche Dimension der Selbstverteidigung stark verändert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließ die Nachricht von der Mobilisierung feindlicher Reiche auskömmlich Zeit für eine wirksame Verteidigung. Noch vor nicht allzu langer Zeit forderten deutsche Völkerrechtslehrer, dass ein Angriff schon im Gange sein muss. Die Sorge vor einer vorschnellen Eskalation des Konflikts dominierte. Dabei enthoben der Schutzschirm der USA in der alten Bundesrepublik Recht und Politik vor einem allzu scharfen Nachdenken über die Stufen der Bedrohung.









