Wir sind alle Italien
Frankfurter Rundschau
Auf einmal mögen die Deutschen bella Italia. Das war nicht immer so und könnte auch an Giorgio Chiellini liegen. Eine Glosse..
Damals, 2006, die Nacht danach. Das WM-Halbfinale 2006 war 0:2 gegen Italien verloren gegangen, dahin die Sommermärchen-Stimmung, das bis dahin weltoffene Deutschland auf anti-italienischem Kurs. Die Schmähgesänge ließen keine Boshaftigkeit aus. Es lastete immer eine Schwere auf dem deutsch-italienischen Fußballverhältnis, auch wenn man bei großen Turnieren nicht oft aufeinandertraf. Doch zumindest für die deutsche (Fan-)Seite ließ sich feststellen: Man erfreute sich am gelegentlichen Leid eines Vorrunden-Scheiterns Italiens oder einer Nicht-Qualifikation (wie 2018). Die Geschichte der EM 2021 ist: Die Deutschen, die emotional schon lange nichts mehr mit dem Turnier zu tun haben, hegen Sympathien für den italienischen Fußball. Das begann, mit einem Zaudern noch, in der Gruppenphase, als die Azzurri einen Fußball boten, der sich vom Klischee (1:0 genügt, der Catenaccio lebt, und hintenraus wird Zeit geschunden) abhob. Dass sie die Österreicher eliminierten, hat ihnen im deutschen Ansehen zumindest nicht geschadet, ihr Viertelfinal-Spiel gegen Belgien wurde anerkannt als das beste dieser EM. Und nun das Halbfinale gegen Spanien. Spätestens beim Münzwurf fürs Elfmeterschießen, als Giorgio Chiellini, dieser wunderbar markante Typ, den Kapitänskollegen Jordi Alba niederjuxte und hochhob, hatten die Italiener die Deutschen. Diese Leichtigkeit in einem solchen Moment – wer möchte nicht über sie verfügen?More Related News